Stephan Knab macht keinen Hehl daraus, dass er all die Jahre sehr gut verdient hat. Der Immobilienmakler inseriert Wohnungen in München, organisiert Besichtigungen, setzt Mietverträge auf. Bis vor zwei Jahren war das ein auskömmlicher Vollzeitjob. Doch seit Sommer 2015 hat Knab nur noch an ein bis zwei Tagen die Woche zu tun. Den Rest der Zeit lebt der 57-Jährige von seinen Ersparnissen. "Zum Glück habe ich keine Angestellten und kein Büro angemietet", sagt Knab. Er könnte sie heute wohl nicht mehr bezahlen.
Vor genau zwei Jahren hat die Bundesregierung das Bestellerprinzip für Mietwohnungen eingeführt. Seitdem dürfen Eigentümer nicht mehr die berüchtigten 2,38 Monatsmieten Maklergebühr auf neue Mieter abwälzen. Vielmehr zahlt derjenige die Provision, der den Makler beauftragt hat. Das Gesetz entlastet Mieter jährlich um gut 500 Millionen Euro, rechnet die Regierung vor. Und trotz mancher Umgehungsversuche funktioniert es im Großen und Ganzen, berichten Mietervereine.
Allerdings haben viele Vermieter, seitdem sie die Courtage zahlen müssen, ihrem Makler den Rücken gekehrt - oder es wenigstens versucht. So hat das Gesetz mit dazu beigetragen, dass weniger Mietwohnungen öffentlich angeboten werden. "Seit Einführung des Bestellerprinzips ist die absolute Zahl an Wohnungsinseraten signifikant zurückgegangen", sagt Manfred Neuhöfer, Geschäftsführer des Instituts F+B. Die Forscher werten bundesweit Angebote auf gut 120 Immobilienportalen im Internet aus. Im ersten Quartal 2017 sind demnach 42 Prozent weniger Mietinserate erschienen als im ersten Quartal 2015 - dem letzten vor Einführung des Bestellerprinzips zum 1. Juni 2015.
Zwar wird der Mietmarkt aus mehreren Gründen intransparenter; große Wohnungsunternehmen etwa haben in manchen Städten dermaßen viele Bewerber, dass sie ihre Objekte nicht mehr inserieren müssen. Wo Mieten stark steigen, ziehen zudem weniger Menschen aus ihren Wohnungen aus. Es kommen aber auch deshalb weniger Angebote auf den Markt, weil Vermieter keinen Makler mehr beauftragen; stattdessen schlägt etwa der bisherige Mieter einen Bekannten als Nachfolger vor. Wer ganz neu in eine Großstadt kommt, hat es dadurch schwerer, eine Mietwohnung zu finden.
Und Makler wie Stephan Knab, die vor allem von der Vermietung leben, erhalten viel weniger Aufträge. Davon zeugen auch die Zahlen des Immobilienverbands Deutschland (IVD): Bei den Maklern, die im IVD organisiert sind, hielten sich vor der Gesetzesänderung das Verkaufs- und das Vermietungsgeschäft die Waage. Mittlerweile vermitteln die Mitglieder zu 70 Prozent Kaufimmobilien und zu 30 Prozent Mietobjekte, sagt IVD-Präsident Jürgen Michael Schick. "Die große Mehrheit hat ihr Geschäft inzwischen auf den Verkauf umstrukturiert." Immerhin läuft dieses Geschäft gut in Zeiten niedriger Zinsen und hoher Preise: Je nach Bundesland verdienen Makler beim Verkauf bis zu sieben Prozent des Preises als Provision.
Im Geschäft mit der Vermietung sind Makler hingegen auf sehr treue Kunden angewiesen, oder schnüren neue Leistungspakete zu niedrigeren Courtagen. "Zwei Monatsmieten Provision zahlt heute kaum noch jemand", sagt Stephan Knab. Zudem sind Start-ups wie McMakler oder Moovin auf den Markt getreten. Sie vermitteln Wohnungen internetgestützt zu deutlich niedrigeren Courtagen.
Zulassung für Makler und Hausverwalter geplant
Kurz vor Ende der Legislaturperiode will die Bundesregierung nun ein weiteres Gesetz beschließen, das die Branche betrifft. Die große Koalition plant eine Berufszulassungsregelung für Makler und Hausverwalter. Wer diese Berufe ausüben will, soll künftig eine Gewerbeerlaubnis einholen müssen - und sich zu regelmäßigen Fortbildungen verpflichten. Zudem will die Politik Hausverwaltern vorschreiben, eine Haftpflichtversicherung abschließen zu müssen. Auf diese Regelungen habe man sich grundsätzlich mit der Union verständigt, heißt es am Mittwoch aus der SPD-Bundestagsfraktion. Ende Juni könnte das Parlament das Gesetz beschließen. Aus der Union verlautet lediglich, man strebe eine "zeitnahe Entscheidung" an.
Sowohl der Deutsche Mieterbund als auch der IVD forderten ursprünglich, Makler und Hausverwalter sollten künftig einen Sachkundenachweis vorlegen müssen. Schließlich tragen Hausverwalter die Verantwortung für hohe Wertgegenstände, treiben Reparaturen und Sanierungen der Immobilien voran. Makler wiederum beraten die Vertragspartner bei Millionen-Transaktionen. Doch offenbar sind verpflichtende Sachkundenachweise einstweilen vom Tisch. Kritiker haben vor einem zu starken Eingriff in die Berufsfreiheit gewarnt; Makler sollten sich schon aus Eigeninteresse durch hohe Qualität und Zuverlässigkeit hervorheben.
Stephan Knab wird die geplante Reform womöglich nicht mehr betreffen. Er vermittelt zum Beispiel noch Wohnungen von Vermietern, die weit außerhalb Münchens leben und nicht zu jeder Besichtigung anreisen wollen. "Doch sollte sich die Auftragslage nicht ändern", sagt der 57-Jährige, "werde ich wohl bald in Rente gehen."