Mehrwertsteuer:Ist es jetzt Zeit für einen neuen Toaster?

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Jeder Dritte will laut einer Umfrage die Steuersenkung für neue Anschaffungen nutzen, zum Beispiel für einen neuen Toaster. (Foto: Rainer Zenz/Wiki Commons(CC BY 3.0); Bearbeitung SZ)

Was die Steuersenkung bringt und ob sie überhaupt weitergegeben wird, darüber rätseln eigentlich so ziemlich alle.

Von Michael Kläsgen, München

Ob der Supermarkt der Wahl wirklich die Mehrwertsteuer gesenkt hat, wird der Verbraucher von diesem Mittwoch an feststellen können. Wobei: Den Lebensmittelhändlern dürfte die Senkung noch vergleichsweise wenig Probleme bereiten. Sie sind bislang relativ gut durch die Corona-Krise gekommen. Jetzt nutzen viele den Abschlag, um damit für sich zu werben - anders als die Gastronomen, Textilhändler, Möbel-, Kosmetik- oder Schmuckverkäufer, die wegen des Lockdowns lange darben mussten. Von ihnen gaben einige schon bekannt, die als Kaufanreiz gedachte Maßnahme der Regierung leider nicht an die Kunden weitergeben zu können. Ihnen gehe es einfach zu schlecht.

Eine Pflicht, diesen Teil des Konjunkturpakets an die Verbraucher zu überreichen, gibt es nicht. Händler können die Steuersenkung auch nur auf eine kleine Auswahl ihres Angebots begrenzen. Es bleibt ihnen überlassen, jeden einzelnen Artikel mit einem neuen Preis zu versehen oder dem Kunden beim Bezahlen einen Pauschalrabatt zu gewähren. So oder so, eine Senkung um drei Prozentpunkte von 19 auf 16 beziehungsweise um zwei Punkte von sieben auf fünf Prozent bedeutet am Ende faktisch nur einen um 2,5 beziehungsweise 1,9 Prozent geringeren Preis.

Von sich aus können Käufer die Endsumme auf einer Rechnung nicht einfach senken, teilte die Verbraucherzentrale mit. Auch vereinbarte Endpreise behalten ihre Gültigkeit. Entscheidend für die Höhe des Preises sei zudem in der Regel das Datum der Lieferung oder der erbrachten Leistung - nicht das Datum der Bestellung. Das gelte auch, wenn die Mehrwertsteuersenkung wie derzeit geplant am 31. Dezember wieder endet.

Viele Verbraucher sähen mit Ungewissheit in die Zukunft und bangten um ihre Arbeitsplätze, sagt der Chef des Handelsverbandes, Stefan Genth. Die Sparneigung sei entsprechend hoch. Laut dem Konsumforschungsunternehmen GfK will fast jeder dritte Verbraucher die Steuersenkung zwar für neue Anschaffungen nutzen. Viele dächten dabei aber eher an Elektrogeräte wie Mixer, Toaster oder Bügeleisen und weniger an ein neues Auto. Bei Pkw und anderen größeren Ausgaben wie Küchen sind die Preise ohnehin oft Verhandlungssache.

Und selbst wenn sie bei Autos wirken würde, könnte sie auch nachteilige Effekte hervorrufen, wie Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sagt: "Ich bin sonst für die Mehrwertsteuersenkung, aber sie wird beispielsweise auch dazu führen, dass mehr Autos mit Verbrennungsmotoren in den Markt kommen, die in zehn, 15 Jahren noch da sein werden." Ob und welche Wirkung sie entfalten wird, ist allerdings unter Ökonomen nicht ausgemacht.

Der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, zeigt sich eher skeptisch. Er schätzt, dass die Mehrwertsteuersenkung nur gut zur Hälfte an die Konsumenten weitergereicht wird. Manche Verbraucher zögen zudem Anschaffungen auf dieses Jahr vor und kauften dann 2021 weniger.

Zumindest in einem Punkt herrscht bei Experten über verschiedene Fachbereiche hinweg weitgehend Einigkeit: Mit dem Konsum und der Konjunktur geht es langsam wieder aufwärts - mit oder ohne Mehrwertsteuersenkung.

© SZ vom 01.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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