Marketing: Otto-Versand:Blondes Gift

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Der Otto-Versand wirbt normalerweise mit bekannten Models wie Heidi Klum. Jetzt muss das Unternehmen mit einem schlecht geschminkten Studenten in blonder Perücke vorlieb nehmen.

Angelika Slavik

Bei der Auswahl seiner Werbegesichter lässt sich der Versandhändler Otto normalerweise nicht lumpen. Claudia Schiffer lächelte schon für das Unternehmen in die Kamera, die unvermeidliche Heidi Klum natürlich, und sogar Gisele Bündchen, das bestbezahlte Model der Welt - kolportierte Tagesgage: 250.000 Dollar.

Der Otto-Versand wirbt auf seinen Katalogen mit bekannten Models wie Heidi Klum. Auf Facebook soll nun ein 22 Jahre alter Student mit blonder Perrücke das Unternehmen präsentieren. (Foto: dpa/dpaweb)

Sein neuestes Werbegesicht dürfte das Unternehmen deutlich günstiger kommen, aber ob die Auswahl so gelaufen ist, wie sich Otto das vorgestellt hat, das muss bezweifelt werden. Denn nach all den millionenschweren Schönheiten wird Otto künftig von Sascha repräsentiert: Einem 22 Jahre alten Studenten mit pinkfarbenem Lippenstift und billiger Kunsthaar-Perücke. Man könnte auch sagen: vom schlechtesten Travestie-Scherz aller Zeiten.

"Die Sache ist zugegeben anders gelaufen, als wir das geplant hatten", sagt ein Unternehmenssprecher. Die Sache, das war eine Aktion beim Internet-Netzwerk Facebook: Das Unternehmen rief zum Model-Wettbewerb auf, in der Hoffnung, viele hübsche Jungs und Mädchen würden sich darum streiten, das Gesicht von Ottos Facebook-Repräsentanz zu werden würde. Tatsächlich stellten Hunderte junge Menschen ihre Fotos zur Abstimmung auf die Otto-Seite. So wie Dennis, 20, aus Kiel, der sich in einem violetten Kapuzenshirt auf einer Blumenwiese präsentiert, oder die 19 Jahre alte Klara aus Schweinfurt, die auf ihrem Foto nur Unterwäsche trägt.

Doch für Klara und Dennis reichte es, trotz Unterwäsche und Blumenwiese, nur für die Plätze zwei und drei. Die mit Abstand meisten Stimmen kassierte Sascha aus Koblenz - also der mit der Plastikperücke. Die Internetgemeinde kann boshaft sein.

Bei Otto gibt man sich tapfer. "Es war eine der erfolgreichsten Aktionen überhaupt", sagt der Sprecher, und berichtet von viel Aufmerksamkeit und von 150.000 neuen Kontakten auf der Otto-Fanseite. Zudem habe man gerade bei der kritischen, netzaffinen Jugend viele Sympathien gewonnen, glaubt Otto: "Wir haben nichts manipuliert, wir waren ehrlich und transparent", sagt der Sprecher, "wir haben die Grundregeln der Social Media verstanden."

Zu dieser Strategie gehöre auch, die Aktion wie geplant durchzuziehen: Sascha und seine blonde Perücke werden also Anfang Dezember bei einem professionellen Foto-Termin in Szene gesetzt, um Teile der aktuellen Kollektion zu präsentieren - bis hin zur Unterwäsche. "Man kann das nur ganz oder gar nicht machen", sagt der Otto-Sprecher. "Aber an seinem Lippenstift müssen wir eindeutig noch ein bisschen arbeiten."

© SZ vom 26.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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