Markenlogo:Weg mit der Löwen-Leiche

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Gut möglich, dass der tote Löwe auf Lyle's Golden Syrup zurückkehrt. (Foto: Gary E Perkin/mauritius images / Alamy Stock P)

Lyle's Zuckersirup ändert nach 140 Jahren sein Logo. Es soll freundlicher und moderner wirken. Doch so etwas kann auch ziemlich schieflaufen - sogar Kirchenvertreter beschweren sich schon.

Von Valentin Dornis

Ob eine Löwen-Leiche, umschwirrt von Insekten, ein gutes Verkaufsargument für ein Lebensmittel ist? Moderne Marketingexperten hätten da sicher ihre Zweifel. Und doch hat es mehr als 140 Jahre lang funktioniert. So lange schon prangt nämlich die Zeichnung eines toten Löwen auf den Verpackungen von Lyle's Golden Syrup. Dafür bekam der klebrige Zuckersirup 2006 sogar einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde. Doch nun traf das Unternehmen eine historische Entscheidung: Auf den Kunststoffverpackungen erscheint künftig ein neues Logo.

Das alte zeigte den biblischen Löwen, den Simson (so steht es zumindest im Buch der Richter, Kapitel 14) mit bloßen Händen zerriss, um wenig später festzustellen, dass der Kadaver mit leckerem Honig gefüllt war. Das ist nicht nur martialisch, sondern auch mit der Lebensmittelsicherheit unvereinbar. Letzteres dürfte aber nicht ausschlaggebend für Lyle's gewesen sein, ein neues Logo zu wählen. Das neue Design ist deutlich einfacher, freundlicher und moderner. Es zeigt nur noch das stilisierte Gesicht eines Löwen, über dem eine freundliche Honigbiene fliegt.

Mit der alten Version hatte Lyle's etwas geschafft, das nicht vielen Traditionsmarken gelingt: die Grenze zwischen altbacken und traditionell zu überwinden. Denn manchmal, so scheint es, müssen Unternehmen nur lange genug geduldig sein. Ein altbackenes Logo wirkt irgendwie billig, aus der Zeit gefallen, sieht nach Stillstand aus. Fällt es hingegen lange genug aus der Zeit, passiert der Manufactum-Effekt ("Es gibt sie noch, die guten Dinge"): Das Produkt umgibt plötzlich eine ehrwürdige Aura, das Logo wird ein traditionelles Symbol, das etwas über Historie und Qualität erzählt, die Generationen überdauert. Was es zeigt, ist zweitrangig, wichtig ist, wofür es steht.

Sogar Vertreter der Church of England schalten sich ein

Das geht meist allerdings auch nur so lange gut, bis das Familienunternehmen von einem Konzern aufgekauft wird oder die Erben im BWL-Studium auf die Versprechen von Marketingagenturen hereinfallen. In beiden Fällen wird dann gerne argumentiert, man dürfe ab sofort nicht mehr aus der Zeit fallen, sondern müsse mit eben jener gehen. Das Ziel dieses Fußmarsches ist klar, nämlich "im 21. Jahrhundert anzukommen".

Dorthin will nun erklärtermaßen auch Lyle's Golden Syrup. Und das, obwohl es durchaus ein Risiko ist. Als der Saft-Hersteller Tropicana 2009 sein Design von einer Orange mit Strohhalm zu einem schnöden Glas Orangensaft wechselte, rebellierten Kunden, und der Umsatz brach ein. Ähnliches scheint jetzt auch Lyle's Golden Syrup zu drohen. In sozialen Netzwerken trauern Fans des Sirups um das alte Logo, und angesichts der biblischen Implikationen schaltete sich sogar die Church of England ein. Die Kritik: Christliche Botschaften würden ins Abseits gestellt.

Der Widerstand ist so stark, dass sich sogar Gerald Mason, Senior Vice President des Unternehmens, im Telegraph entschuldigte: "Es macht mich traurig, dass wir heute vielleicht unabsichtlich Menschen verärgert haben." Die große Frage ist nun, ob Lyle's die Kritik aussitzt - oder bald Teil zwei der Zuckersirup-Saga folgt: Die Rückkehr der Löwen-Leiche.

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