Luftverkehrsabgabe oder Kerosinsteuer?:Unbeliebtes Rechenexempel

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Bei Flughäfen und Fluglinien gärt es. Die Pläne der Bundesregierung, die Branche stärker mit Abgaben zu belasten, stoßen auf wenig Gegenliebe. Ohne Nachteil sind weder die Luftverkehrsabgabe noch die Kerosinsteuer.

Jens Flottau, Frankfurt

Der neueste Vorschlag "aus Verbandskreisen" sorgte am Montag für Aufregung: Vielleicht könne man ja statt der unseligen Luftverkehrsabgabe eine Kerosinsteuer einführen, um mehr Einnahmen für den Staat zu bekommen, und dies auch noch mit Öko-Faktor.

Abfertigung einer Passagiermaschine des Billigfliegers Ryanair. Warum sollten tendenziell teurere Anbieter wie Lufthansa gegenüber ihren billigeren Konkurrenten bevorzugt werden? (Foto: ddp)

Kaum stand die Sache in der Montagsausgabe des Handelsblatts, wollte es keiner der Lobby-Verbände der deutschen Luftverkehrsbranche gewesen sein. Der Bundesverband deutscher Fluggesellschaften (BDF) und die Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) verschickten Dementis.

Die Kerosinsteuer wird immer wieder diskutiert, weil - so ihre Befürworter - der Luftverkehr durch die fehlende Besteuerung des Treibstoffes bislang subventioniert werde. Die Bundesregierung könnte eine solche Steuer aber, selbst wenn sie wollte, gar nicht so einfach einführen.

Anreiz für sparsame Flugzeuge

Wenn überhaupt, dann wäre sie nur auf Inlandsflügen möglich, weil für Europaflüge die anderen EU-Mitglieder zustimmen müssten. Konzeptionell spricht gegen die Kerosinsteuer, dass die Fluggesellschaften schon über Lande-, Flugsicherungs- oder Flughafensicherheitsgebühren die Infrastrukturkosten tragen, die im Autoverkehr über die Mineralölsteuer hereingeholt werden.

Im Vergleich zur Luftverkehrsabgabe hat sie allerdings einen Vorteil: Sie erhöht den Anreiz der Fluggesellschaften dafür, besonders sparsame Flugzeuge einzusetzen und die Piloten zu kraftstoffsparendem Fliegen anzuhalten. Außerdem ist sie einfach zu verstehen. Die Luftverkehrsabgabe dagegen erweist sich schon jetzt als regulatorisches Ungetüm.

Die Bundesregierung will mit der Gebühr vom nächsten Jahr an eine Milliarde Euro einnehmen, aber offen ist noch, in welcher Verteilung. Sie sollte nämlich nicht einzelne Fluggesellschaften bevorzugen. Und das wäre der Fall, wenn pro Ticket wie geplant eine pauschale Abgabe erhoben wird.

In jedem Fall ungerecht

Vielmehr müsste ein einheitlicher Steuersatz gelten, der günstige Economy-Flüge im Verhältnis nicht viel mehr belastet als teure First Class-Sitze. Das wäre auch unter ökologischen Gesichtspunkten deutlich ausgewogener. Schließlich ist auch der auf einen First- Class-Sessel heruntergerechnete Kohlendioxidausstoß bei einem Langstreckenflug um ein Vielfaches höher als bei einem Flug in einem engen Economy-Sitz von Frankfurt nach Palma.

Derzeit kursieren zwei Referentenentwürfe aus dem Bundesfinanzministerium; verschiedene Ressorts ringen darum. Beide sehen zwar je nach Streckenlänge gestaffelte Sätze vor, die wenigstens ansatzweise der ökologischen Argumentation folgen.

Aber das System bleibt auch so ungerecht. Bei günstigen Tickets würde sich der Reisepreis um bis zu einem Viertel erhöhen, bei teuren nur um wenige Prozent. Warum aber sollten tendenziell teurere Anbieter wie Lufthansa gegenüber ihren billigeren Konkurrenten bevorzugt werden? Oder die Lufthansa-Drehkreuze in Frankfurt und München verglichen mit Flughäfen wie Köln/Bonn oder Berlin-Schönefeld, auf denen die Billig-Airlines dominieren?

All diese Aspekte haben unter Fluggesellschaften und Flughäfen in den vergangenen Wochen zu wüstesten Diskussionen und Streit geführt. Und so haben die Betroffenen am Montag wieder ausführlich diskutiert, um herauszufinden, wer die Sache mit der Kerosinsteuer aufgebracht haben könnte. Denn natürlich möchte die Branche überhaupt keinen Alleingang Deutschlands bei irgendeiner Abgabe, so viel ist klar.

Derjenige, der die Nachricht gestreut hat, kann aber wohl spätestens am 1. September aufatmen: Dann will das Bundeskabinett die neue Abgabe beschließen, in welcher Form auch immer.

© SZ vom 17.08.2010/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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