Die Rückkehr der Reiselust und teure Tickets haben der Lufthansa im Sommer das zweitbeste Quartal ihrer Geschichte beschert. In den Monaten Juli bis September erzielte sie einen operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) von knapp 1,5 Milliarden Euro, das ist fast ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Das berichtete das Unternehmen am Donnerstag. Nur rund um die Pleite von Air Berlin im Jahr 2017 hatte der Konzern im Tagesgeschäft noch mehr verdient.
Vorstandschef Carsten Spohr sieht den MDax-Konzern damit auf Kurs zu einem operativen Jahresgewinn von mindestens 2,6 Milliarden Euro - obwohl die Kerosinrechnung mit rund 8,0 Milliarden Euro eine halbe Milliarde Euro höher ausfallen dürfte als zunächst gedacht. Weil die Nachfrage höher ist als das immer noch knappe Flugangebot, sind die Ticketpreise deutlich gestiegen. Bei der Lufthansa lagen die Durchschnittserlöse je Ticket im dritten Quartal 25 Prozent höher als im Sommer 2019 - und damit so hoch wie nie zuvor. Die Nachfrage von Privatreisenden sei unverändert hoch, hieß es. Dies gelte vor allem für die Premium-Ticketklassen.
Mit rund 38 Millionen Passagieren zählte die Lufthansa und ihre Töchter Austrian Airlines, Swiss, Brussels und Eurowings rund 14 Prozent mehr Fluggäste als im Vorjahreszeitraum. Dass der Konzern trotz der guten Geschäfte weniger verdiente als im bisherigen Rekordquartal, lag an der damaligen Ausnahmesituation: Im August 2017 hatte in Air Berlin die bis dahin zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft mitten im Sommer Insolvenz angemeldet. Das Aus für die heimische Rivalin brachte der Marktführerin Lufthansa einen Nachfrageschub - und damit ihren höchsten Gewinn im Tagesgeschäft.
Noch immer weniger Flüge als 2019
Mit Blick auf die Monate April bis September lief es laut Lufthansa-Vorstandschef Spohr allerdings 2023 noch besser. Der Manager sprach von einem "Rekordsommer" und meinte damit Umsatz und operativen Gewinn aus dem zweiten und dritten Quartal zusammen. Im dritten Quartal steigerte die Lufthansa ihren Quartalsumsatz im Jahresvergleich um acht Prozent auf den Rekordwert von knapp 10,3 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente der Konzern knapp 1,2 Milliarden Euro, fast anderthalb Mal so viel wie ein Jahr zuvor.
Nahezu den gesamten Gewinn flogen die Passagier-Airlines ein, während die Frachttochter Lufthansa Cargo sich mit einer Million Euro nur knapp in den schwarzen Zahlen halten konnte. Bei der Wartungstochter Lufthansa Technik ging der operative Gewinn zwar um gut ein Zehntel auf 168 Millionen Euro zurück. Dank einer starken Nachfrage nach Wartungsdienstleistungen steuert die zum Teilverkauf stehende Sparte für 2023 aber weiterhin auf ein Rekordergebnis zu.
Das Flugangebot des Konzerns fällt immer noch merklich kleiner aus als vor der Corona-Pandemie: Im dritten Quartal betrug die angebotene Sitzplatzkapazität erst 88 Prozent des Niveaus von 2019. Für das Gesamtjahr peilt der Vorstand wie bisher 85 Prozent an. Und auch 2024 sollen es lediglich 95 Prozent werden. Denn Engpässe bei Personal und Flugzeugen machen den Airlines seit dem Abklingen der Corona-Krise deutlich zu schaffen. Immer wieder klemmt es im System. Während es an Flughäfen oft an genügend Mitarbeitern für die Bodenabfertigung fehlt, kommen die großen Flugzeughersteller Airbus und Boeing mit der Auslieferung neuer Jets wegen knapper Bauteile und hausgemachter Probleme kaum hinterher.
Der Rekordumsatz und Gewinnsprung im dritten Quartal treibt die Lufthansa-Aktie in die Höhe. Die Titel legen in der Spitze knapp acht Prozent auf 7,08 Euro zu und gehören damit zu den stärksten Werten im MDax. "Die größte deutsche Airline dürfte endgültig die Nachwehen der Corona-Pandemie hinter sich gelassen haben", sagt Jürgen Molnar von RoboMarkets. Die Aktien von Air France-KLM und des britisch-spanischen Konzerns IAG notieren fünf beziehungsweise knapp drei Prozent fester.