In einer Zeit, in der nicht mehr viel über Autos an sich gesprochen wird, sondern über CO₂-Grenzwerte, Ladesäulen und Kaufprämien, und in der Automanager am liebsten Spar- und Gewinnziele vortragen (wenn sie nicht gerade wegen irgendeiner Abgasaffäre in Untersuchungshaft oder wegen Veruntreuungsvorwürfen in einem japanischen Gefängnis sitzen), in so einer Zeit hat dieses Bild eine besondere Kraft: Die April-Ausgabe des US-Magazins Newsweek aus dem Jahre 1964 (Preis: 30 Cent) zeigt einen roten Ford Mustang mit roten Polstersitzen, Weißwandreifen, davor die Aufnahme eines Mannes im dunklen Anzug, weißem Hemd und brauner Krawatte. Die Haare mit reichlich Pomade nach hinten gekämmt, der Blick dynamisch in Fahrtrichtung. Der Cowboy und das Pferd. Ein Mann und sein Auto.
Der damalige Ford-Manager Lee Iacocca, seit 1946 bei dem Autohersteller aus Detroit, hatte diesen neuen, bezahlbaren Sportwagen für die Massen entwickeln und auf den Markt bringen lassen. Der Name des Autos: Mustang. Ein Modell, das so hieß wie Wildpferde im Wilden Westen, das war natürlich ein genialer Marketing-Coup, und als das Coupé im Laufe der Jahre zur Ikone wurde, setzte auch die Ikonisierung jenes Managers ein, der den Mustang einst losgelassen hatte. Dazu passte die Geschichte dieses Mannes, dessen Eltern aus Italien über Ellis Island in die USA kamen, lange bevor laut tönende Populisten in Italien und den USA das Thema Migration für ihre eigenen Zwecke entdeckten. Jahre später wurde Iacocca Vorsitzender einer Stiftung, die Mittel für die Restaurierung der New Yorker Freiheitsstatue sammelte. Der Manager verstand das nicht zuletzt als Andenken an seine Eltern. Dass er es bis nach ganz oben geschafft hatte, beschäftigte ihn ein Leben lang. "Ich begann mein Leben als Sohn von Immigranten", schrieb Iacocca in seiner 1984 erschienenen Autobiografie. "Und ich habe mich bis in die Präsidentschaft von Ford hochgearbeitet."
Bis Ende der 70er-Jahre war er bei Ford unter Vertrag. Dann kam der Juli 1978, und jener Moment, an dem nach drei Jahrzehnten Schluss war. "Es war nett, mit Ihnen zusammenzuarbeiten", soll Gründer-Enkel Henry Ford II. den Rausschmiss eingeleitet haben.
Der geschasste Manager zog weiter zu Chrysler, dem nach General Motors und Ford damals drittgrößten amerikanischen Autobauer, der zu jener Zeit kurz vor der Pleite stand. Aus dem Mustang-Mann wurde der Chrysler-Sanierer: Iacocca besorgte 1,5 Milliarden Dollar vom Staat, schloss Werke und strich Jobs. Sein eigenes Gehalt ließ er auf einen Dollar im Jahr kürzen, bis der Konzern wieder aus dem Gröbsten raus war. Iacocca, der nicht unumstrittene Charismatiker, wurde so auch ein Medienstar.
Später, als die Autowelt für ihn zu klein wurde, outete sich der Manager als politisch interessierter Präsidentenkritiker. "Where have all the leaders gone" hieß sein 2007 erschienenes Buch über Führungsqualitäten - es war eine Abrechnung mit dem Establishment und dem damaligen Präsidenten George W. Bush. Iacocca als wütender Autor, das klingt so: "Eine Bande ratloser Kerle ist gerade dabei, unser Staatsschiff auf eine Klippe zu steuern. Wirtschaftsgangster rauben uns aus - und wir können nicht mal (...) Hybridautos bauen. Ich sag's Ihnen ganz offen: Schmeißt die Penner raus!" Jetzt ist der Mustang-Mann im Alter von 94 Jahren gestorben.