Lebensversicherung:Generali zahlt überhöhte Kosten zurück

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Die Bafin hat die Generali schon seit einiger Zeit wegen hoher Kosten unter Beobachtung. (Foto: Alexander Pöschel/imago images/imagebroker)

Deutschlands zweitgrößter Lebensversicherer Generali berechnet Kundinnen und Kunden zu viel, hat die Finanzaufsicht Bafin festgestellt. Jetzt muss das Unternehmen einen Teil davon zurückgeben.

Von Herbert Fromme, Köln

Die Finanzaufsicht Bafin zeigt Zähne, jedenfalls ein bisschen. Zum ersten Mal hat sie einen Lebensversicherer dazu gebracht, überhöhte Kosten an die Kundinnen und Kunden zurückzugeben. Die Aufsicht hält die Kosten bei den Lebensversicherern der Generali für zu hoch. Nach SZ-Informationen erhalten Kunden, die dort in den Jahren 2021, 2022 oder 2023 eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen haben, nachträglich eine höhere Überschussbeteiligung. Generali und Bafin wollten zu dem Vorgang nichts sagen. Die Generali Leben ist nach der Allianz die Nummer zwei im deutschen Markt mit einem Anteil von knapp zehn Prozent.

Das Geld stammt aus Provisionszahlungen der Fondsgesellschaften an die Generali Leben, den sogenannten Kickbacks. Die Regelung soll auch für Neuverträge im Jahr 2024 und den kommenden Jahren gelten. Es handelt sich nicht um Riesensummen. Die Gesellschaft werde die Überschussbeteiligung auf das Fondsguthaben auf pauschal mindestens 0,7 Prozent setzen, heißt es in Branchenkreisen. Hinter dieser sehr technischen Beschreibung des Vorgangs verbirgt sich eine Niederlage für die Generali in dem sehr komplexen Geflecht von Provisionen.

Lebensversicherer berechnen ihren Kundinnen und Kunden bei Vertragsabschluss hohe Kosten, die durchaus fünf Prozent und mehr der insgesamt zu zahlenden Beiträge ausmachen können. Wer 30 Jahre lang 200 Euro im Monat in einer Lebensversicherung ansparen will, insgesamt also 72 000 Euro, wird zu Beginn mit 3600 Euro oder einem höheren Betrag zur Kasse gebeten. Dazu kommen jedes Jahr laufende Kosten. Das Geld entnehmen die Versicherer den eingezahlten Kundengeldern und den Überschüssen, die mit diesem Geld erwirtschaftet werden.

Aus den hohen Kosten, die sie den Kunden berechnen, zahlen die Versicherer vor allem die Provisionen für Vermittler. Die Generali nutzt für den Vertrieb vor allem den als besonders provisionshungrig geltenden Strukturvertrieb DVAG. Der Versicherer hält 40 Prozent der DVAG-Aktien, die Mehrheit liegt bei der Familie Pohl.

Die Zusage der Generali auf mindestens 0,7 Prozent Überschussbeteiligung ist für die betroffenen Kunden eine echte Verbesserung. Ohne diese Zusage hätten sie am Anfang des Vertrages nichts oder deutlich weniger gehabt. Bei fondsgebundenen Verträgen wird das Geld des Kunden in Investmentfonds angelegt und nicht wie bei klassischen Policen in einem sogenannten Deckungsstock, den der Versicherer verwaltet.

Die meisten Versicherer versuchen, vor allem solche Fondspolicen zu verkaufen. Dafür brauchen sie weniger Kapital - das Kapitalmarktrisiko trägt schließlich der Kunde - und verdienen besonders hohe Provisionen. Denn neben den Kosten, die Versicherer ihren Kunden direkt berechnen, erhalten sie bei fondsgebundenen Policen in der Regel zusätzliche Provisionen von den Fondsgesellschaften. Bei der Generali ist das vor allem die DWS, die Fondstochter der Deutschen Bank.

Die Fondsgesellschaften zahlen diese Kickbacks zwar an die Versicherer aus, aber nicht aus der eigenen Tasche. Sie berechnen sie ihrerseits als Teil der Fondskosten den Kunden - die also zweimal zahlen. Jetzt muss die Generali einen Teil dieser Gelder den Kunden zurückgeben.

"Da muss Bewegung hineinkommen", forderte Bafin-Präsident Mark Branson

Die Bafin hat die Generali schon seit einiger Zeit wegen hoher Kosten unter Beobachtung. Jetzt habe es "intensive Gespräche" zwischen dem italienischen Versicherer und der Aufsicht gegeben, heißt es in der Branche. Als Ergebnis zahlt die Generali ihren Kunden die 0,7 Prozent. Die Aufsicht kritisiert schon seit Längerem die hohen Kosten bei Lebensversicherungen überhaupt, nicht nur bei der Generali. "Da muss Bewegung hineinkommen", forderte Bafin-Präsident Mark Branson Anfang Februar beim Versicherungstag der SZ in Bensberg. "Daran haben zu viele zu lange zu gut verdient."

Die Bafin befürchtet, dass Versicherer durch hohe Provisionszahlungen Anreize für Vermittler setzen, solche Policen zu empfehlen, die ihnen das meiste Geld einbringen - und nicht die Verträge, die den höchsten Nutzen für Kunden stiften. Die Behörde hatte deshalb bereits 2023 angekündigt, Versicherer genauer unter die Lupe zu nehmen zu wollen, deren Policen zu den teuersten 25 Prozent des Marktes gehören.

"Sechs Unternehmen haben wir in der ersten Welle überprüft, jetzt sind noch vier weitere hinzugekommen", berichtete Branson. In einem ersten Fall habe die Aufsicht auch Änderungen durchgesetzt, fügte er hinzu, wollte aber keinen Namen nennen. Wie die SZ erfuhr, handelt es sich eindeutig um die Generali. Branson warnte die Branche, dass sie Exzesse bei den Provisionen selbst in den Griff bekommen müsse. "Sonst wird so etwas wie ein Provisionsverbot oder ein Provisionsrichtwert kommen, der weniger liberal ist."

2023 hatte sich die EU-Kommissarin Mairead McGuinness mit ihrer Forderung nach einem kompletten Provisionsverbot nicht durchsetzen können. Doch die Befürchtung, dass das Thema wieder auf die Tagesordnung kommt, wenn die Versicherer nicht handeln, ist in der Branche sehr groß.

Insgesamt belaufen sich die Abschlusskosten der deutschen Lebensversicherer auf acht Milliarden Euro pro Jahr, das sind vorwiegend Provisionen. Hinzu kommen erhebliche laufende Kosten. All das zahlen die Kunden, es schmälert ihre Altersvorsorge.

Mehrere politische Versuche, in Deutschland Provisionen in der Lebensversicherung zu verbieten, sind gescheitert. In Großbritannien, den Niederlanden und den nordischen Ländern gibt es solche Verbote, damit mehr fürs Alter übrigbleibt.

Der Versuch von SPD und Grünen, wenigstens eine Obergrenze einzuführen, scheiterte am Widerstand der Versicherungs- und Vertriebslobby mit parlamentarischer Unterstützung von Union und FDP. Finanzminister Christian Lindner, FDP, hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die EU-Initiative für ein Provisionsverbot im Sande verlaufen ist. Die Versicherer und ihre politischen Unterstützer argumentieren, dass ohne Provisionen keine Beratung möglich sei und deshalb gerade ärmere Menschen ohne private Altersvorsorge blieben.

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