So hat man Sam Bankman-Fried selten gesehen. Auf den Fotos, die am Donnerstag um die Welt gingen, wirkt es, als hätte sich der Gründer der insolventen Krypto-Plattform FTX schick gemacht für seine Auslieferung an die USA: Anzug und weißes Hemd, unrasiert zwar und ohne Krawatte, aber doch in der Berufskleidung von Bankern, Anwälten und Finanzprofis - anstatt wie sonst in T-Shirt und Shorts. In seinem Heimatland erwartet den 30-Jährigen ein Mega-Verfahren, es geht um mutmaßlichen Betrug über 1,8 Milliarden Dollar und vor allem um die Frage, ob er mit seiner auf den Bahamas beheimateten Firmengruppe Kundengelder gestohlen und missbraucht hat.
Die Vorwürfe würden locker reichen, um ihn bis zur Gerichtsverhandlung und während derselben ins Gefängnis zu stecken. Von der Untersuchungshaft bleibt er nun aber verschont, indem er eine Kaution von unglaublichen 250 Millionen Dollar hinterlegt. Bis zum Prozess steht er unter Hausarrest im Domizil seiner Eltern in Palo Alto, dem geografischen Herzen der kalifornischen Tech-Industrie. Die Häuser dort sind teuer, klar, die Eltern sind beide Professoren an der Elite-Universität Stanford, mithin ist Familie Bankman mutmaßlich sehr wohlhabend. Aber 250 Millionen Dollar?
Selbst wenn es sich um eine stattliche Villa handeln sollte: So viel wird das als Sicherheit hinterlegte Haus im Silicon Valley nicht wert sein. Und in der Anhörung vor dem Bundesgericht in Manhattan am Donnerstag waren sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung einig, dass das Vermögen des ehemaligen Milliardärs infolge der FTX-Pleite "erheblich geschrumpft" sei. Sam Bankman-Fried gab an, er verfüge vielleicht noch über gerade einmal 100 000 Dollar.
In den USA muss die Kaution nicht vollständig hinterlegt werden
Der gefallene Krypto-Star könnte sich die Kaution, eine der höchsten jemals in den USA verhängten, also niemals leisten. Das muss er auch nicht. Denn die oftmals übertrieben hoch anmutenden Kautionen gehören zu den vielen Besonderheiten der Strafrechtspflege in den USA. Sie müssen auch nicht vollständig hinterlegt werden, anders als etwa in Deutschland (man denke an Ex-Wirecard-Chef Markus Braun, der im Sommer 2020 gegen Zahlung von fünf Millionen Euro vorerst wieder freigekommen war).
Eher entsprechen sie einer Bürgschaft und sollen harte finanzielle Konsequenzen androhen für den Fall, dass ein Angeklagter seinen Prozess schwänzt. Die Höhe der Kaution richtet sich auch nach der Schwere des Verbrechens. So betonte Bundesstaatsanwalt Nicholas Roos vor Gericht: "Herr Bankman-Fried hat einen Betrug epischen Ausmaßes begangen."
In vielen Fällen werden Kautionen in den USA nur durch Vermögenswerte im Wert von etwa einem Zehntel des angegebenen Betrags abgesichert. In Bankman-Frieds Fall wären das 25 Millionen Euro, was mit Haus und Grundstück in Palo Alto und dem Vermögen verdienter Stanford-Professoren realistisch erscheint. Zusätzlich benötigt er noch Unterschriften von zwei weiteren Personen, von denen eine nicht mit ihm verwandt sein darf. Daraus ist eine ganze Industrie entstanden, mit kommerziellen Bürgen, die gegen Gebühr die Kaution übernehmen.
Bis vor wenigen Wochen hatte Bankman-Fried noch mit ganz anderen Summen zu tun. Er galt als Good Guy der Krypto-Szene, pflegte das Image des Milliardärs, der seinen Reichtum vor allem spenden will, und lockte mit seiner Handelsplattform FTX Hunderttausende in Kryptowerte. Bankman-Fried bestreitet, ein Betrüger zu sein. Zwei seiner engsten Vertrauten dagegen haben zuletzt gestanden.