Unternehmen:Warum Konzerne sich ständig umbauen

Lesezeit: 3 min

Eon, RWE, Google: Konzerne strukturieren ihre Geschäfte gerne und oft um. Oft reagieren sie damit auf neue Gesetze oder politischen Druck. Nichtstun kann tödlich enden.

Kommentar von Caspar Busse

Für viele Unternehmenschefs ist die einzige Konstante der permanente Umbau. Immer wieder ändern sie Organisationsformen ihres Unternehmens, sie gliedern Geschäftsbereiche erst ein und dann wieder aus, um sie schließlich zu verkaufen. Mitarbeiter sind oft genervt oder verunsichert, wenn Vorstandsvorsitzende sich mit hektischem Aktionismus profilieren wollen.

Einige Konzerne wagen aber auch den ganz großen Schnitt und ändern das Geschäftsmodell grundsätzlich, nach dem Motto: klare Kante. Google hat gerade überraschend eine völlige Neuorganisation bekanntgegeben. Eon, Philips, Bayer, Osram - die Liste der Namen ist lang - gehen ebenfalls radikale, oft auch ziemlich mutige Wege, spalten ganze Geschäftsbereiche ab, um sich am Ende ganz von diesen zu trennen. Die Unternehmenschefs reagieren damit nicht nur auf drastische Veränderungen ihrer Märkte, sondern auch auf neue Rahmenbedingungen, die von der Politik - den Regierungen oder den Wettbewerbsbehörden - gesetzt werden. Sie bauen also sozusagen von Staats wegen um.

Die Düsseldorfer Energiefirma Eon beispielsweise reagiert auf die Energiewende und spaltet sich auf: in einen Konzern für Ökostrom und in einen für konventionelle Energie, also Kohle, Gas und Atom. Das heißt auch: Zukunft gegen Vergangenheit. Konzernchef Johannes Teyssen verfolgt einen drastischen Kurs, ob er zum Erfolg führt, ist keineswegs ausgemacht. Aber er ist notwendig. Die jüngsten Zahlen zeigen einmal mehr, wie sehr Deutschlands größter Strom- und Gasproduzent auf Talfahrt ist. Die Gewinne gehen deutlich zurück, besonders in der konventionellen Energieerzeugung. Eon ist zum Handeln gezwungen - durch die Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel, aus der Atompolitik auszusteigen.

Radikale Umstrukturierung
:Darum geht Google im Alphabet-Konzern auf

Was Google Geld bringt, soll getrennt werden von dem, was Geld kostet. Das erhofft sich der Konzern von seinem Radikalumbau.

Von Johannes Boie und Matthias Huber

Nichtstun kann gefährlich sein

Wie gefährlich Nichtstun sein kann, wenn der Staat die Bedingungen verändert, zeigt der Konkurrent RWE. Die Essener sind von der Energiewende möglicherweise noch härter getroffen als Eon. Unternehmenschef Peter Terium aber folgt nicht dem radikalen Weg seines Kollegen Teyssen. Auch er will RWE umbauen, aber als Einheit erhalten. Selbst wenn Terium eine Zerschlagung wollte, er könnte sie nicht umsetzen. Denn die Kommunen halten ein Viertel der RWE-Aktien, sie fürchten um Standorte und Pfründe. Dem angekündigten Umbau sollen unter anderem 32 Tochtergesellschaften zum Opfer fallen. Eine drastische Verschlankung des Konzerns ist dringend geboten, doch der Widerstand dagegen ist groß. Wie soll RWE unter diesen Voraussetzungen den Weg in die Zukunft finden?

Die beiden Lichthersteller Osram und Philips haben ihren Kurs bereits gefunden. Nachdem die EU-Kommission normale Glühbirnen Schritt für Schritt verboten hatte und nun auch Halogenleuchten ins Visier geraten, hat Osram das traditionelle Lichtgeschäft ausgegliedert. Die Münchner Traditionsfirma will sich künftig auf innovative Lichttechnologien und -systeme sowie auf Zulieferungen, etwa an die Autoindustrie, konzentrieren. Da ist für den Bereich, mit dem Osram über Jahrzehnte erfolgreich war, kein Platz mehr. Osram hat auf die staatliche Intervention spät reagiert - aber nicht zu spät.

RWE-Umbau
:Was die Städte zu verlieren haben

Viele NRW-Kommunen besitzen Anteile an RWE. Der große Umbau beim Stromkonzern bringt ihre Sperrminorität, Pöstchen und Einnahmen in Gefahr.

Analyse von Jannis Brühl

Auch beim Umbau von Google hat die Politik eine Rolle gespielt. Konzernchef Larry Page führt die neue Holding namens Alphabet wohl auch deshalb ein, weil der Internetkonzern aus dem Silicon Valley gerade in Europa kritisch gesehen wird: Die "Datenkrake Google" sammle zu viele Informationen und mache die Konkurrenten mit unfairen Mitteln nieder, heißt es. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel drohte deshalb schon mit einer Aufspaltung des Konzerns. Bei der EU-Kommission läuft ein Kartellverfahren, an dessen Ende harte Auflagen für Google stehen könnten.

Ein neuer Name beugt einem schlechten Image vor

Larry Page tut so, als habe das politische Klima auf die Entscheidung von Google keinen Einfluss gehabt. Er lobt die neue Transparenz und schwärmt, Google sei nun besser auf die Zukunft vorbereitet. Klar ist aber auch: Google schirmt mit der neuen Organisation seine neuen Geschäftsbereiche vom alten Stammgeschäft ab, wo die Wettbewerbshüter die Probleme sehen, also die Google-Suchmaschine mit den Kartendiensten und dem Video-Portal Youtube. Die anderen Projekte - fahrerlose Autos, Computerbrillen oder die Aktivitäten in der Gen- und Pharmaforschung - laufen künftig unter dem Namen Alphabet, nicht mehr unter Google. Das kann negativen Assoziationen vorbeugen.

Aber egal unter welchem Titel: Das Ziel von Google bleibt es, so viele Daten wie möglich zu sammlen. Denn die sind der eigentliche Schatz in der digitalen Welt.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Umwandlung in "Alphabet"
:Weltmacht Google

Mit der Verwandlung ihres Konzerns in "Alphabet" schaffen die Google-Gründer Page und Brin ihren Firmen so viele Freiheiten wie möglich - damit diese noch besser in alle Bereiche des Lebens vordringen können.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: