Bis heute wird Google häufig als "Suchmaschinenkonzern" bezeichnet. Die gängige Fehleinschätzung rührt daher, dass die Suchmaschine das bekannteste Produkt der Kalifornier ist. Außerdem ist es schwierig, über die vielen andere Projekte, Produkte, Start-ups und Ideen, die aus Google hervorgehen, den Überblick zu behalten. Künftig wird das einfacher. Denn all diese Nebenprojekte, von denen manche längst Milliarden Dollar wert sind, werden in eigene Firmen überführt und unter dem Dach einer neuen Holding gesammelt. Diese Holding heißt Alphabet. Und wie der Gründer Larry Page feststellt, ist in diesem neuen Alphabet das "G" für Google nur noch ein Buchstabe von vielen.
Googles Nutzer werden von der Umstrukturierung zunächst nicht viel merken. Wo Google auf Endverbraucher trifft, ändert sich erstmal nichts. Die Suchmaschine bleibt die Suchmaschine und auch Youtube, Maps, das Mobil-Betriebssystem Android und der Email-Dienst Gmail bleiben Teil von Google. Sundar Pichai wird Chef des neuen, alten Google innerhalb von Alphabet. Chef von so ziemlich allem, was Alphabet viel Geld einbringt.
Firmengründer Larry Page wird dagegen Chef von Alphabet selbst. All die langfristigen Projekte, die bislang und noch einige Jahre nur rote Zahlen schreiben dürften, drohten bislang in Googles unübersichtlicher Hierarchie unterzugehen. Sie rücken nun viel näher an Larry Pages Aufsicht heran. So dürften bald viele Konsumenten die Auswirkungen der neuen Firmenstruktur bemerken - nämlich dann, wenn immer mehr Alphabet-Töchter immer effizienter Produkte entwickeln, die unser aller Leben verändern könnten.
Das Ziel: Unternehmerische Transparenz
Die Umstrukturierung soll auch Googles Position als attraktiver Arbeitgeber stärken. Wenn jede Sparte unabhängig voneinander organisiert ist - mit eigener Hierarchie und Gehaltsstruktur - soll es für die Alphabet-Unternehmen leichter werden, die besten Mitarbeiter der jeweiligen Branchen zu rekrutieren. Calico - unter diesem Namen forscht Alphabet an einem Alzheimer-Heilmittel und lebensverlängernden Medikamenten - könnte sich nun beispielsweise besser und flexibler gegen die Konkurrenten aus der Pharmaindustrie positionieren.
Vor allem wird der Konzern aus unternehmerischer Sicht transparenter. Die vielen miteinander verwobenen Firmen, werden künftig klar getrennt unter dem Alphabet-Dach residieren. Jede Firma kann so ihr eigenes Unternehmensprofil schärfen. Klar ist bereits, dass Googles Medizinsparte, die zum Beispiel an Kontaktlinsen arbeitet, die Blutzucker messen, abgespalten wird. Zu eigenen Firmen werden auch die Investmentsparten und das XLab, eine Firma, die an grundsätzlichen Innovationen wie zum Beispiel Lieferdiensten mit Drohnen arbeitet.
Bessere Chancen für "Moonshots"
So wollen Google und seine Gründer, Larry Page und Sergej Brin, auch die Beziehung zu den Anlegern an den Börsen verbessern. Zwar ist das Kerngeschäft seit langem lukrativ, aber der Erfolg wird in der Gesamtbilanz durch die sogenannten "Moonshots" des Konzerns - langfristige, teure Forschungsprojekte - geschmälert. Diese Entwicklungen, zum Beispiel näher zu künstlicher Intelligenz oder alternativen Methoden für saubere Energiegewinnung, verschlingen jährlich Milliardenbeträge. Die Anleger bestraften Google zuletzt für die unerwartet schwachen Gesamtbilanz.
Ab dem vierten Quartal 2015 werden Google und die neuen Firmen jedoch separate Bilanzen in einer Segmentsberichterstattung aufstellen, auch wenn diese zunächst als Alphabet-Konzernbilanz ausgewiesen werden soll. So will Page für die Forschungsprojekte "langfristiges, geduldiges Kapital" bereitstellen können und den Druck der Wall Street auf die Moonshots auffangen. Da die Holding selbst an der Börse gehandelt werden wird, werden aus Google-Aktien künftig Alphabet-Aktien. Die Umwandlung wird wohl eins zu eins erfolgen, selbst das Kürzel GOOGL wird erhalten bleiben. Zu erwarten ist, dass es Alphabet ähnlich wie heute schon Google gelingen wird, aus den Tochterfirmen eine äußerst steuersparende Konstellation zu errichten.