Umwandlung in "Alphabet":Weltmacht Google

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Mit der Verwandlung ihres Konzerns in "Alphabet" schaffen die Google-Gründer Page und Brin ihren Firmen so viele Freiheiten wie möglich - damit diese noch besser in alle Bereiche des Lebens vordringen können.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Im Silicon Valley halten sie gerne den Mythos aufrecht, dass alle Unternehmen dort in einer Garage gegründet wurden - und dass sie, auch wenn sie größer werden, im Grunde noch Garagenfirmen sind. Auch Google, schrieb Larry Page, einer der beiden Gründer des Unternehmens, sei eine "unkonventionelle Firma", die "verrückte Sachen" mache; und diese Firma, gegründet vor 17 Jahren, verwandelt sich nun in "Alphabet", in ein Unternehmen, das unter seinem Dach neben dem ursprünglichen Unternehmen Google noch zahlreiche weitere Firmen vereint und ein klares Ziel hat: Es will noch mehr verrückte Dinge machen, noch mehr Kunden gewinnen, in noch mehr Geschäftsfelder eindringen, noch mehr Geld verdienen. Und damit noch mehr Macht erlangen.

Denn Google, gegründet vom Stanford-Studenten Page und seinem Kommilitonen Sergej Brin, ist keine Garagenfirma, sondern ein gewaltiger Konzern mit mehr als 50 000 Mitarbeitern; und die sitzen längst nicht mehr nur in Kalifornien, sondern in der ganzen Welt. Allein in seinem Entwicklungszentrum in München beschäftigt das Unternehmen aus Mountain View, Kalifornien, ein paar Hundert Informatiker, die an neuer Software arbeiten.

Google wächst so schnell, dass es bisweilen schwerfällt, den Überblick zu behalten, wo überall Google drinsteckt. Schon seit Jahren ist das Unternehmen nicht bloß ein Suchmaschinen-Konzern - auch wenn es immer wieder so bezeichnet wird. Google verdient sein Geld mit Anzeigen und Karten, mit Navigationsdiensten wie Waze, dem weltgrößten Video-Portal Youtube oder dem Betriebssystem Android, das in mehr als 80 Prozent aller Smartphones steckt.

Stück für Stück dringt die Firma in alle Bereiche des Lebens vor

Aber damit nicht genug. Stück für Stück dringt Google in alle Bereiche des Lebens vor: in Autos, Häuser, ja letztlich sogar in unsere Körper. So hat Google vor zwei Jahren ein Unternehmen namens Nest gekauft, das intelligente Thermostate herstellt - denn künftig wird man die Heizung nicht mehr von Hand steuern, auch nicht unbedingt durch das Tippen auf einem Smartphone; sondern durch einen intelligenten Algorithmus, der schon vorher weiß, wann jemand zu Hause ist und wann nicht.

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Dazu passt, dass Google auch an selbstfahrenden Autos bastelt. Sie werden ebenfalls Teil jenes riesigen Internets der Dinge sein, in dem - so schätzen Experten - 2020 mehr als 50 Milliarden verschiedene Geräte miteinander verbunden sein werden: Laptops und Tablets, smarte Telefone und Uhren, intelligente Maschinen und Fabriken, Autos und Kühlschränke, Fitnessarmbänder und Thermostate.

Der Mensch aber bleibt der zentrale Teil in diesem Hyper-Internet, und zwar in all seinen Ausprägungen: als Käufer und Suchender, als Angestellter und Autofahrer, als Internet-Surfer und Social-Media-Nutzer, als Gesundheitsbewusster oder Kranker. Er hinterlässt mit seinen digitalen Geräten immer mehr digitale Spuren, die ein Unternehmen sich nutzbar machen kann: zum Wohle der Kunden, wie Google betont; aber natürlich auch zum eigenen Wohle. Deshalb ist es geradezu logisch, dass zu Alphabet auch ein Unternehmen namens Calico gehört, eine Biotechnologiefirma, deren Ziel es ist, die Langlebigkeit von Menschen zu erhöhen. Vulgo: von Käufern, Surfern, Suchenden, Hausbesitzern. Es versteht sich von selbst, dass auch dieses Unternehmen aus dem Google-Weltreich auf das Vernetzen großer Datenmengen setzt.

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Alphabet ermöglicht schnelleres Wachstum

Page und sein Kompagnon Brin schaffen mit Alphabet also mehr als bloß eine Holding, mehr als eine zentrale Verwaltungseinheit, unter der sich dann - wie bei anderen Konzernen dieser Größe - lose allerlei Firmen versammeln. Sie schaffen vielmehr die Voraussetzung, damit Google noch schneller wachsen kann und noch besser in möglichst viele Ecken des Internets der Dinge vor- und eindringt. Schnelles Wachstum: Das funktioniert aber auf die Dauer nicht in einem Konzern, der allein zentral gesteuert wird; dieser würde irgendwann zu behäbig und verlöre an Innovationskraft, so wie es andere Technologiefirmen erlebt haben, allen voran IBM und Microsoft.

Page und Brin gehen stattdessen mit Alphabet einen Mittelweg. Sie verschaffen den Tochterfirmen in ihrem neuen Imperium so viele Freiheiten wie möglich; auch die Freiheit, irgendwann mal an die Börse zu gehen und dort weiteres Kapital einzusammeln für noch mehr Wachstum, noch mehr Geschäfte, noch mehr Macht. Zugleich aber behalten sie die Fäden in ihrem Big-Data-Reich in der Hand und sorgen dafür, dass alles mit allem vernetzt wird. Und sie machen allein schon durch die Namenswahl ihren Machtanspruch deutlich. Im Alphabet steht G wie Google weit vorne. Bis zum Ende - zum Z - kann noch sehr viel kommen.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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