Die Einigung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit den Energiekonzernen über die Abschaltung der dreckigsten Braunkohlemeiler weist eine bemerkenswerte Parallele auf zu den gleichzeitig beendeten Vorverhandlungen für den Weltklimagipfel in Paris. In beiden Fällen sind die Vereinbarungen nur vorläufig.
Gewiss, Gabriel und die Konzernchefs haben eine Vereinbarung unterschrieben, wonach sie von 2016 an einige der als besonders unökologisch geltenden Meiler vom Netz nehmen. Das bedeutet nicht, dass die Blöcke automatisch abgeschaltet bleiben. Im Gegenteil, der Staat wird die Betreiber dafür bezahlen, dass sie die Blöcke in Bereitschaft halten. Sollte Elektrizität in den nächsten Jahren eventuell knapp werden, gehen sie wieder ans Netz.
Vorläufig abschalten und sich dafür vom Steuerzahler bezahlen lassen - kein Konzernchef könnte seinen Aktionären erklären, wenn er ein solches Angebot ausschlüge. Kein Zweifel, dass auch Gabriel nicht besonders froh ist. Dass er trotzdem unterschrieben hat, liegt an der Zwangslage, in der er steckt. Die Bundesregierung will Ende November beim Weltklimagipfel in Paris glänzen. Ungünstig nur, dass die heimische Klimabilanz diesen Auftritt beinahe verhagelt hätte. Im Sommer wurde bekannt, dass Deutschland auf direktem Wege war, sein Klimaziel zu verfehlen. Die Koalition schnürte eilig ein energiepolitisches Eckpunktepapier mit zusätzlichen Minderungsmaßnahmen, darunter die Abschaltung der klimaschädlichen Meiler. Und jetzt, so kurz vor Paris, musste endlich die Unterschrift unter die Abschalt-Vereinbarung her, sonst wäre es mit der Glaubwürdigkeit nicht mehr weit her gewesen.
Der Braunkohle-Deal wirkt faul, aber fügt sich in die Klimapolitik
Aus der vorläufigen Abschaltung der deutschen Braunkohlemeiler eine endgültige zu machen, liegt ironischerweise in der Hand der internationalen Klimapolitiker, die sich in vier Wochen in der französischen Hauptstadt treffen. Sie wollen sich darauf einigen, die durchschnittliche Erderwärmung 2050 auf zwei Grad zu begrenzen, bezogen auf das vorindustrielle Zeitalter. Was nichts anderes heißt, als dass sie auf internationaler Ebene erreichen müssen, was schon in Deutschland als schwer zu machen gilt: Ein klares Signal muss her für den irreversiblen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas.
Ob der Ausstieg gelingt, hängt davon ab, wie konkret die internationale Staatengemeinschaft das Zwei-Grad-Ziel in klar definierte Pläne übersetzt. Gelingt es ihr, das Ende des Carbonzeitalters für 2050 auszurufen, wäre das ein eindeutiges Signal für Investoren, weltweit in neue Technologien einzusteigen. Gut möglich, dass dann, in vier Jahren, wenn die Bereitschaftszeit der Braunkohleblöcke in Deutschland ausläuft, längst ökologisch saubere und effiziente Ersatzkraftwerke geplant werden - und keiner mehr in Braunkohle geht.
Und das ist die andere, bemerkenswerte Parallele zwischen dem deutschen Braunkohle-Deal und dem Klimagipfel in Paris. Im Kopf hat der Ausstieg aus der Kohle längst begonnen.