Jahrgang 2018:Leonardo da Vincis Wein kommt unter den Hammer

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  • 2008 wurden die alten Wurzelproben jener Reben ausgebuddelt, die einst Leonardo da Vinci gehörten.
  • Die erste Lese im neu angelegten Garten erbrachte 2018 270 Kilo Trauben - nun werden 300 Flaschen des Weins versteigert.

Von Ulrike Sauer, Rom

Die Geschichte beginnt, als das Universalgenie in Mailand eher zufällig in den Besitz von Reben kommt. 1498 schenkt der Fürst Ludovico Sforza, einer der schillerndsten Herrscher der Renaissance, Leonardo da Vinci einen kleinen Weingarten. Er liegt nur wenige Schritte vom Refektorium der Kirche Santa Maria delle Grazie entfernt, in dem der Künstler im Auftrag von Sforza gerade die dramatische Abendmahl-Szene in Ölfarben auf den Putz malt. Nach getaner Arbeit schaut der Maestro abends nach seinen geliebten Weinstöcken. Sie liegen hinter der Casa degli Atellani, in der er beim Fürsten wohnt.

Im Dezember werden nun 300 Flaschen des "Vino di Leonardo" bei Christie's in London versteigert. Unter den Hammer kommt der Jahrgang 2018: Er stammt aus der ersten Weinlese im wiederentdeckten Garten des vor 500 Jahren verstorbenen Visionärs einer neuen Welt. "Dahinter verbirgt sich die größte wissenschaftliche Entdeckung der Weinszene", sagt Alessandro Cotroneo, der zu den Förderern des Projekts gehört.

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Die Mailänder Begegnung zwischen Leonardo und dem Weinbau war über Jahrhunderte gänzlich in Vergessenheit geraten. Der Rebgarten am Corso Magenta wurde schließlich in einer Bombennacht 1943 völlig zerstört.

Leonardo wurde zwischen toskanischen Weinbergen auf dem Landgut seiner Familie in Vinci geboren. Zu den Leidenschaften des umfassend interessierten Künstlers, Erfinders und Naturforschers gehörte auch der Wein. Er maß den Bacchus-Tropfen eine nahezu spirituelle Kraft bei. "Der Wein, der göttliche Traubenlikör", schrieb Leonardo.

In Mailand wurde sein Traum wahr. Doch das Winzerglück währte nur kurz. 1500 besetzten die Truppen des französischen Königs Mailand und Leonardo verließ die Stadt. Er vertraute den 8320 Quadratmeter großen Rebgarten dem Vater seines Lieblingsschülers an. Als die Franzosen ihn beschlagnahmten, kaufte er die Weinstöcke zurück. Ein Foto aus dem Jahr 1920 zeigt sie ein letztes Mal unversehrt.

In Detektivarbeit gelang es, Leonardos Wein einen Namen zu geben

2008 setzte dann eine außergewöhnliche Renaissance ein. Der Önologe Luca Maroni richtete das Scheinwerferlicht auf Leonardos Weingarten. Zusammen mit der Genetikerin Serena Imazio und dem Reben-DNS-Experten Attilio Scienza von der Mailänder Universität kam er Leonardos Wein auf die Spur. Die Forscher gruben die Geschichte buchstäblich aus. Nach dem Bombenangriff 1943 war der Garten mit 1,30 Meter Erde aufgeschüttet worden. "Ich war sehr skeptisch, ob wir da noch Wurzeln finden würden", sagt Imazio. Am Ende buddelten sie 23 Wurzelproben aus. Sie wurden mit 277 Sorten aus Gendatenbanken in aller Welt abgeglichen. In jahrelanger Detektivarbeit gelang es, Leonardos Wein einen Namen zu geben: Malvasia Candia Aromatica, der noch heute in Italien angebaut wird.

Die erste Lese im neu angelegten Garten erbrachte 2018 270 Kilo Trauben. Die Winzerin Giovannella Fugazza kelterte sie auf ihrem Gut Castello di Luzzano bei Piacenza nach ursprünglichen Winzertechniken. "Die Trauben wurden mit den Füßen gemaischt und der Wein zunächst in Amphoren gefüllt", sagt sie. Was Leonardos Wein wert ist, wird sich bald bei der Versteigerung in London zeigen. Zuletzt kam Leonardo da Vinci bei Christie's 2017 mit dem ihm zugerechneten Jesusbild Salvator Mundi unter den Hammer. Es war mit 450 Millionen Euro das teuerste Gemälde aller Zeiten.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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