Internet:Reagieren und verteidigen - Mit Abmahnungen ist nicht zu spaßen

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Berlin (dpa/tmn) - Es reicht schon, aus einer Tauschbörse einen Song herunter- oder bei eBay ein Herstellerfoto hochzuladen. Schnell landet dann eine Abmahnung im Briefkasten. Solche Schreiben tauchen aber mitunter auch auf, wenn man gar nichts Illegales gemacht hat.

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Berlin (dpa/tmn) - Es reicht schon, aus einer Tauschbörse einen Song herunter- oder bei eBay ein Herstellerfoto hochzuladen. Schnell landet dann eine Abmahnung im Briefkasten. Solche Schreiben tauchen aber mitunter auch auf, wenn man gar nichts Illegales gemacht hat.

Ihr Tonfall ist oft bedrohlich, für Laien sind sie nur schwer zu verstehen und wenn man nicht reagiert, kann es richtig teuer werden. Kurz: Wer eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung bekommt, sollte sie ernst nehmen. Reagieren muss man nämlich in jedem Fall - auch wenn man unschuldig ist oder glaubt, es zu sein. Meist braucht man dabei Hilfe vom Profi.

Zunächst gilt: „Man sollte die Frist nicht verstreichen lassen und sich rechtlich Rat holen“, sagt Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Man muss sich verteidigen“, rät auch der auf Verbraucherrecht spezialisierte Berliner Anwalt Thomas Hollweck. „Diese Abmahnungen sind in vielen Fällen falsch, übertrieben oder gänzlich unberechtigt.“ Die geforderte Unterlassungserklärung sollte zwar meist abgegeben werden, doch meist nicht so, wie sie der Abmahnung beiliegt. „Die sind oft teuflisch formuliert“, sagt Hollweck.

Meist ist es sinnvoller, eine sogenannte modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben, in der man sich nur zum absolut Notwendigsten verpflichtet. Muster für Widersprüche und modifizierte Unterlassungserklärungen findet man inzwischen auch im Netz. Diese können aber nicht jeden Einzelfall abdecken. Also muss ein Profi her, sagt Till Kreutzer vom Urheberrechtsportal „iRights.info“.

„Man kann als Laie nicht beurteilen, ob die Forderung berechtigt ist“, sagt Kreutzer. „Im Zweifel kann das nur ein Anwalt beurteilen.“ Ideal sei ein auf Urheberrecht spezialisierter Beistand. „Der normale Feld-, Wald- und Wiesen-Anwalt, der sich normalerweise mit Nachbarschafts- und Erbrecht beschäftigt, ist eher nicht geeignet.“ Die Anwaltskosten könnten stark variieren. Eigentlich seien sie im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelt. Bei Abmahnungen richte sie sich aber nach dem Streitwert, was oft zu hohen Honoraren führe. Es sei aber möglich, eine günstige Pauschale zu vereinbaren, erläutert Kreutzer. Ansonsten bieten Verbraucherzentralen günstige Rechtsberatung an.

Nimmt man eine Abmahnung auf die leichte Schulter, drohen unliebsame Folgen. „Es kann passieren, dass man vor das Landgericht gezogen wird, wenn man gar nicht reagiert“, erklärt Hollweck. Hier kann die Gegenseite eine einstweilige Verfügung ohne Anhörung durchsetzen.

Nicht nur der Download oder Tausch geschützter Songs oder Filme kann eine Abmahnung nach sich ziehen, erklärt Anwältin Husemann. Schon ein für einen eBay-Verkauf genutztes Herstellerfoto kann Ärger machen. „Da würde es Sinn machen, die Sachen selbst abzufotografieren.“

Es kann auch passieren, dass man als Anschlussinhaber für eine Urheberrechtsverletzung belangt wird, die man gar nicht begangen hat. „Allein durch den WLAN-Anschluss haftet man“, erklärt Hollweck. Diese sogenannte Störerhaftung gilt aber nicht für Eltern, die ihre Kinder aufgeklärt haben, erklärt Jurist Kreutzer. „Die Eltern müssen den Kindern verbieten, rechtswidrig Dateien zu tauschen.“ Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, sollte man das Verbot nachweisen können, etwa durch ein kurzes Protokoll der Belehrung mit Datum.

Ob das Streamen von Filmen oder Videos, die urheberrechtlich geschützt sind, rechtswidrig ist, hat noch kein Gericht entschieden. Zum einen ist unklar, ob häppchenweises Streamen überhaupt eine verbotene Vervielfältigung darstellt. Und zum anderen darf der Zuschauer bei vielen Streaming-Angeboten davon ausgehen, dass der Seitenbetreiber die Rechte zum Verbereiten der Inhalte besitzt.

Diese unklare Rechtslage nutzen Geschäftemacher aus - wie jüngst beim sogenannten Redtube-Fall, wo sich Anwälte bei Gericht die Adressen von Nutzern erschlichen, um sie fürs Streamen von Videos abzumahnen, die nicht offensichtlich und wahrscheinlich noch nicht einmal faktisch unrechtmäßig auf der Seite standen. „Die meisten Juristen sind der Auffassung, dass diese Abmahnungen rechtswidrig sind“, sagt Kreutzer. Das Landgericht Köln hat sogar die eigenen Beschlüsse zur Herausgabe der Daten der abgemahnten Streaming-Nutzer kassiert.

Reagieren sollte man aber grundsätzlich auf jede Abmahnung, die per Post kommt, empfiehlt Rechtsanwalt Hollweck. Bei ganz offenbar haltlosen Massenabmahnungen sei es aber nicht erforderlich, einen Juristen zu bemühen: „Da reicht es aus, formlos zu widersprechen.“

Einen Freibrief zur Nutzung jedweder Streaming-Seiten gebe es aber nicht, warnt Kreutzer. Denn die Frage, ob die Nutzung offensichtlich illegaler Angebote wie „Kino.to“ rechtswidrig ist, sei ungeklärt.

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