Innere Sicherheit:Faeser: Bei kritischer Infrastruktur besser aufstellen

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an den Becken der Wasseraufbereitungsanlage. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Kritische Infrastruktur wie Flughäfen, Wasserwerke, Energieversorger oder Telekommunikationsunternehmen sollen sich besser gegen Attacken und Ausfälle wappnen. Innenministerin Faeser sieht für einheitliche Standards bei vielen Einrichtungen noch Luft nach oben.

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Guntersblum (dpa) - Die veränderte Sicherheitslage durch den Krieg in der Ukraine und der Klimawandel machen einen besseren Schutz von kritischer Infrastruktur erforderlich. Das hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag beim Besuch eines Wasserversorgers im rheinland-pfälzischen Guntersblum, rund 20 Kilometer südlich von Mainz, betont. Deshalb sei es erforderlich, einheitliche gesetzliche Mindeststandards für den physischen Schutz dieser Einrichtungen zu schaffen.

Alle Bereiche der kritischen Infrastruktur könnten ein potenzielles Ziel von Übergriffen sein, sagte die Bundesinnenministerin. Durch den Klimawandel gebe es aber auch immer mehr Brände, Hochwasser und Starkregenereignisse. „Da müssen wir uns einfach besser aufstellen“, erklärte Faeser mit Blick auf den Entwurf für das sogenannte KRITIS-Dachgesetz des Bundesinnenministeriums.

Danach sollen Betreiber von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur wie Energieversorger oder Flughafenbetreiber künftig gesetzlich verpflichtet werden, die Widerstandsfähigkeit ihrer Anlagen sicherzustellen und dazu entsprechende Risikobewertungen vorzulegen. Das gilt sowohl für staatliche Einrichtungen als auch für private Unternehmen einer gewissen Größenordnung. Wird den Verpflichtungen nicht rechtzeitig nachgekommen, drohen auch Bußgelder. Die Höhe ist laut Bundesinnenministerium aber noch nicht festgelegt.

Zur kritischen Infrastruktur im Sinne des Gesetzes zählen folgende Sektoren: Energie, Transport und Verkehr, Finanz- und Versicherungswesen, öffentliche Verwaltung, Gesundheit, Ernährung, Trinkwasser und Abwasser. Dazu kommen die Bereiche Siedlungsabfallentsorgung, Informationstechnik, Telekommunikation und Weltraum.

„In den meisten der elf Sektoren machen wir uns noch Gedanken über die notwendige Vorsorge, weil in diesem Bereich des physischen Schutzes wenig getan wurde in einheitlichen Standards“, berichtete Faeser. Auf den Gesundheitssektor treffe das jedoch nicht zu, in den Krankenhäusern etwa gebe es bereits Notfallplanungen für eine Stromversorgung. Bei allen anderen Sektoren bestehe dagegen noch viel Nachholbedarf.

Die Wasserversorgung Rheinhessen-Pfalz GmbH (wvr) betreibt in Guntersblum eine Hybrid-Netzersatzanlage (NEA), die das Wasserwerk bei einem Blackout weiter mit Energie versorgen soll. Rund 300.000 Menschen in Rheinhessen und der Nordpfalz wären davon betroffen, wenn in Guntersblum der Strom ausbliebe. Die Kosten für die Hybrid-Netzersatzanlage beliefen sich nach Angaben der wvr auf rund vier Millionen Euro. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe förderte das Vorhaben mit 800.000 Euro.

Die Zielsetzung der NEA decke sich mit den Zielen des Bundes, bei der Neuausrichtung des Bevölkerungsschutzes, um das Land gegen Krisen und Klimafolgen besser zu wappnen, betonte Innenministerin Faeser. Die Wasserversorgung zähle zu einer der wichtigsten kritischen Dienstleistungen in Deutschland. „Dass hier auch in Krisenereignissen weiterhin ausreichend sauberes Trinkwasser aus der Leitung kommt, ist nicht in allen Lagen selbstverständlich.“ Die wvr habe dafür gemeinsam mit dem Bund einen wichtigen Schritt getan.

Die Anlage setzt sich aus einem klassischen Diesel-Aggregat und einer Unterbrechungsfreien Stromversorgung - also einem Batteriespeicher - zusammen, wie erklärte Geschäftsführer Ronald Roepke berichtete. Denn das Wasserwerk würde bei Netzstörungen auch mit einer Hybrid-Netzersatzanlage zunächst ausfallen und müsste in einem aufwendigen Prozess wieder angefahren werden, nachdem die Netzersatzanlage erst gestartet und hochgefahren ist.

Dank der Unterbrechungsfreien Stromversorgung kann diese Unterbrechung nach Angaben des Geschäftsführers jedoch vermieden werden. Gemeinsam bildeten die Komponenten die sogenannte Hybrid-Netzersatzanlage. „Bei einem Blackout könnte das Wasserwerk derzeit 72 Stunden weiter betrieben werden“, erklärte Roepke. „Nachteil ist jedoch der hohe Diesel-Kraftstoffverbrauch.“

Dem wolle das Unternehmen mit dem Bau einer Photovoltaikanlagen in Guntersblum begegnen. „Im Fall eines Blackouts, könnten wir das Wasserwerk dann auch deutlich länger als 72 Stunden betreiben und außerdem einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten“, sagte Roepke. Das Gesamtprojekt bestehend aus NEA und Photovoltaik-Anlage werde vom Bund mit 1,3 Millionen Euro unterstützt.

© dpa-infocom, dpa:230717-99-433193/5

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