Hypo Real Estate:Einfach ausgequetscht

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Die Pleitebank Hypo Real Estate gehört mehrheitlich dem Staat: Was die verbliebenen Aktionäre jetzt tun können.

Martin Hesse, Alexander Mühlauer und Hannah Wilhelm

Es ist so weit: Nun gehören 90 Prozent der Aktien des angeschlagenen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) dem Bund. Damit wird das sogenannte Squeeze-out-Verfahren eingeleitet - die verbleibenden Aktionäre werden ausgeschlossen.

Das Geld ist weg: Der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate brachten seinen Aktionären nichts als Ärger. (Foto: Foto: dpa)

Dass es zu einer Enteignung der Aktionäre kommen wird, hatte sich auf einer turbulenten Hauptversammlung in der vergangenen Woche entschieden, bei der aufgebrachte Aktionäre das Vorgehen des Bundes als "Ermächtigungsgesetz" kritisiert hatten. Bereits zuvor, im April, hatte der Staat bei einem ersten Übernahmeversuch allen Aktionären 1,39 Euro pro Aktie geboten und sich damit 47 Prozent der Aktien gesichert. Ziel der Komplettverstaatlichung der HRE ist es, die Sanierung des maroden Instituts zu sichern. Was bedeutet der nun eingeleitete Squeeze-out für die Aktionäre? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist ein Squeeze-out?

Der Bund besitzt jetzt neun von zehn HRE-Aktien. Laut Gesetz kann er die restlichen Anteilseigner über einen sogenannten Squeeze-out zwangsabfinden. Die Frage ist, zu welchem Preis.

Was können die verbliebenen Aktionäre tun?

"Erst mal können die Aktionäre gar nichts tun", erklärt Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Am 13. August findet die nächste Hauptversammlung der HRE statt. Das ist der nächste Termin, zu dem die Aktionäre aus dem Unternehmen gedrängt werden können - außer es wird kurzfristig eine außerordentliche Versammlung anberaumt. Auf der Versammlung muss der Squeeze-out beschlossen werden, danach bekommen die Aktionäre Post von ihrer Bank, in der sie über das weitere Vorgehen informiert werden. Schließlich werden dann die Aktien auf dem Depot ausgebucht und die Barabfindung gutgeschrieben.

Wie viel Geld wird es geben?

Die Anleger bekommen auch bei einer Enteignung Geld für ihre Aktien, eine "angemessene Barabfindung", so heißt es. Dafür legt eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Wert des Unternehmens per Gutachten fest. "Der Preis berechnet sich aus dem Durchschnittskurs der Aktie in den letzten 14 Tage und dem Wert des Unternehmens jetzt und in Zukunft", sagt DSW-Mann Cabras.

Aus Regierungskreisen wurde bereits angedeutet, dass es keinen Preis geben wird, der über den 1,39 Euro vom April-Angebot liegt. Dieser Preis lag schon 13 Cent über dem, was der Bund hätte zahlen müssen. Deshalb gehen Experten davon aus, dass die Barabfindung zwischen 1,26 und 1,39 Euro liegen wird. Auch Konrad Becker, Analyst bei der Münchner Privatbank Merck Finck, sieht keinen Grund, warum der Preis höher sein sollte.

In der Regel fechten Aktionäre den festgelegten Preis an. Dafür können sie sich nach der Hauptversammlung per Spruchstellenverfahren an das zuständige Landgericht wenden. Das überprüft dann den Preis, gibt meist ein weiteres Gutachten in Auftrag. Es genügt, wenn sich ein Aktionär an das Gericht wendet, von einer möglichen Anpassung des Preises profitieren alle Anteilseigner. In fast allen Fällen bessert das Gericht den Preis nach. Experten bezweifeln aber, dass es auch bei der HRE zu einer Nachbesserung kommen wird, dafür sei das Unternehmen einfach zu wenig wert.

Können sich die Aktionäre wehren?

"Gegen den Squeeze-out können sie nichts machen", sagt Analyst Becker. Wie gesagt: nur den Preis können die Anleger anfechten.

Wie reagiert J.C. Flowers?

Der von Christopher Flowers geführte Finanzinvestor J.C. Flowers hielt einst mit befreundeten Investoren knapp ein Viertel der HRE-Aktien. Durch den Einstieg des Staates wurde sein Anteil auf 2,8 Prozent verwässert. Wie die anderen freien Aktionäre wird Flowers zunächst das Abfindungsangebot prüfen. Er hat bereits signalisiert, dass er kein faires Angebot erwartet und alle Optionen inklusive rechtlicher Schritte prüfen will. Er könnte wie andere Aktionäre den Abfindungspreis gerichtlich prüfen lassen oder das Squeeze-out-Verfahren an sich anfechten.

Wie geht es weiter bei der HRE?

Mittlerweile unterstützt der Bund die HRE, die nach Fehlspekulationen mehrfach gerettet werden musste, mit Krediten, Bürgschaften und Kapital von mehr als 100 Milliarden Euro. HRE-Chef Axel Wieandt kündigte an, die Bank werde weiteres Kapital benötigen. In den kommenden Jahren wird das Management die Bank drastisch verkleinern und darauf hinarbeiten, dass sie sich nach und nach wieder selbst finanzieren kann.

© SZ vom 10./11.06.2009/as/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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