Schluss mit Home-Office:Britische Beamte sollen wieder ins Büro

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Der Tory-Politiker Jacob Rees-Mogg sieht keinen Grund mehr dafür, zu Hause zu arbeiten. (Foto: DANIEL LEAL/AFP)

Aus dem britischen Alltag sind die Corona-Maßnahmen verschwunden. Im Grunde gibt es nur ein Überbleibsel: die Heimarbeit. Doch damit soll nun Schluss sein. Jedenfalls für Beamte.

Von Alexander Mühlauer, London

Jacob Rees-Mogg ist bekannt dafür, dass er von den Corona-Maßnahmen in Großbritannien nie viel gehalten hat. Nun, da die Vorschriften aus dem britischen Alltag verschwunden sind, dürfte der Tory-Politiker eigentlich zufrieden sein. Die Freiheitseinschränkungen sind schließlich abgeschafft, kaum jemand trägt noch Maske, auch nicht in der Londoner U-Bahn zur Rushhour. Im Grunde ist alles wie vor der Pandemie, es gibt nur ein Überbleibsel aus der Corona-Zeit: das Home-Office. Und das gefällt Rees-Mogg überhaupt nicht.

Gemeinsam mit Boris Johnson hat er der Heimarbeit den Kampf angesagt. Der Premier mokierte sich in dieser Woche über eine "mañana culture", die sich unter den Daheimarbeitenden breitgemacht habe. Ganz nach dem Motto: Morgen, morgen, nur nicht heute, sagen alle faulen Leute.

Rees-Mogg würde das wohl nie so drastisch formulieren, er führt den Kulturkampf ums Home-Office lieber in seiner Eigenschaft als "Minister for Government Efficiency". Er ist im Grunde dafür verantwortlich, dass die Regierungsmaschine möglichst effizient läuft. Dazu gehört für ihn auch die Frage, ob die Büros der Beamten überhaupt ausgelastet sind, verursachen diese doch mitunter hohe Kosten für die Steuerzahler.

Rees-Mogg legte Kärtchen auf leere Schreibtische: "Sorry you were out when I visited."

Rees-Mogg schaute sich die Sache also mal genauer an. Und siehe da: Bei einem Rundgang durch die Büros von civil servants stellte er fest, dass unverhältnismäßig viele einfach leer stehen. Offenbar haben sich viele Beamte so sehr ans Arbeiten von zu Hause aus gewöhnt, dass sie gar nicht mehr ins Büro kommen. Ein absolutes No-Go für Rees Mogg.

Und so hinterließ er auf Schreibtischen und Pinnwänden ein Kärtchen mit einer aufgedruckten Nachricht, die es wert ist, im Original zitiert zu werden: "Sorry you were out when I visited." Und weiter: "I look forward to seeing you in the office very soon." Darunter noch "With every good wish" der Name des Absenders, Jacob Rees-Mogg. Der Tory-Politiker brachte damit auf seine spezielle Art das Bedauern zum Ausdruck, die Beamten nicht an ihren Arbeitsplätzen angetroffen zu haben. Rees-Mogg tat dies mit erhobenem Zeigefinger, hinterließ er doch den Hinweis, dass er sich darauf freue, die Abwesenden sehr bald im Büro wiederzusehen.

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Aus Sicht von Rees-Mogg gibt es keinen Grund mehr, die Arbeit im Home-Office zu verrichten. In England gilt ja nicht mal mehr die Verpflichtung, bei einer Corona-Infektion zu Hause zu bleiben. Die Gefahr, sich mit dem Virus im Büro anzustecken, wurde von der Regierung damit gleichgesetzt mit der Gefahr, sich eine Grippe am Arbeitsplatz einzufangen. Das mag manchen Kabinettsmitgliedern vielleicht einleuchten, aber es gibt es eben auch Menschen, die genau das vermeiden wollen: sich dem Risiko aussetzen, Corona zu bekommen. Zumal dieses Risiko in den Augen der Daheimbleibenden ein unnötiges ist, kann man die Arbeit doch genauso gut von zu Hause aus erledigen. Hat ja in den vergangenen Jahren funktioniert.

Genau das finden Rees-Mogg und Johnson eben nicht. Als Beispiele des angeblichen Heimarbeitsübels gelten in der Regierung vor allem zwei Institutionen: die Fahrerlaubnis-Behörde DVLA und Her Majesty's Passport Office. Bei der DVLA liegen laut Times mehr als 200 000 Anträge von Führerschein-Inhabern, die wissen wollen, ob sie trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen weiter Auto fahren dürfen. Auch das Amt, das im Vereinigten Königreich die Reisepässe ausstellt, kommt derzeit nicht damit hinterher, die Anträge zu bearbeiten. In jüngster Zeit häuften sich die Meldungen, dass manche Briten mitunter seit mehreren Monaten auf einen neuen Pass warten - und deshalb nicht in den Urlaub nach Spanien oder Griechenland fliegen können.

Im Gesundheitsministerium arbeiten schon wieder mehr als 70 Prozent im Büro. Das ist nicht überall so

Inwieweit das wirklich daran liegt, dass eine Vielzahl von Mitarbeitern der Pass-Behörde im Home-Office arbeiten, will die Regierung nun genau untersuchen. Johnson hat schon mal vorsorglich damit gedroht, die beiden Ämter privatisieren zu lassen, sollte sich die Lage nicht bessern.

Und Rees-Mogg? Der schickte kürzlich ein Schreiben an alle Minister, in dem er die Vorteile des Arbeitens im Büro pries. Endlich wieder face-to-face statt working from home. Er fügte dem Schreiben eine Rangliste bei, die zeigte, in welchen Ministerien am meisten Beamte wieder im Büro arbeiten. Im Handels- und Gesundheitsministerium liegt die Anwesenheitsquote demnach bei mehr als 70 Prozent. Im Bildungs- und Arbeitsministerium hingegen lag der Wert bei weniger als 30 Prozent. Man kann also sagen, dass es in Sachen Home-Office selbst in Johnsons Kabinett durchaus noch Meinungsverschiedenheiten gibt.

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