Handelskonzerne im Test:Palmöl aus dem Regenwald

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Die rasant zunehmende Nutzung von Palmöl zerstört Regenwald. Ausgerechnet einige große deutsche Handelskonzerne unternehmen nach Recherchen der Umweltorganisation WWF allerdings keine Anstrengungen, um Waren zu beziehen, die mit Palmöl aus sauberen Quellen hergestellt wurden.

Silvia Liebrich

Palmöl hat eine ebenso steile wie umstrittene Karriere hinter sich, und ein Ende ist derzeit nicht absehbar. Der Naturrohstoff, den beinahe jeder Deutsche täglich nutzt, den aber kaum jemand kennt, ist in vielen Bereichen des Lebens scheinbar unverzichtbar geworden.

Der Verbrauch von Palmöl steigt - der Regenwald leidet. (Foto: N/A)

Egal ob Lippenstift, Pizza, Waschmittel oder Biodiesel - das billige Pflanzenöl lässt sich vielfältig und flexibel einsetzen und ist im Vergleich zu anderen Pflanzenölen unschlagbar günstig. Deshalb hat sich der weltweite Verbrauch in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt, auf inzwischen 50 Millionen Tonnen pro Jahr. Bis zum Jahr 2050 prognostizieren Experten gar einen Anstieg auf knapp 80 Millionen Tonnen.

Eine reine Erfolgsgeschichte ist der Aufstieg der Ölpalme trotzdem nicht, denn der Pflanze haftet ein schlechtes Image an. Umweltschützer machen den exzessiven Anbau für die Zerstörung der letzten Regenwälder dieser Erde verantwortlich, denn die Pflanze mit dem lateinischen Namen Elaeis guineensis wächst nur in tropischen Regionen. Seit Jahren ist bekannt, das ein wesentliche Anteil des weltweit verkauften Palmöls zweifelhafter Herkunft ist und von illegal gerodeten Urwaldflächen in Indonesien und Malaysia stammt. Beide Länder liefern 87 Prozent der Weltproduktion.

Edeka, Aldi und Lidl scheren aus

In Handel und Industrie kennt man das Problem. Viele Firmen unterstützen inzwischen eine internationale Initiative mit dem komplizierten Namen "Runder Tisch für den nachhaltigen Anbau von Palmöl" (RSPO). Dies zeigt eine noch nicht veröffentlichte Studie der Umweltschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF), die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Doch ausgerechnet drei der größten deutschen Handelskonzerne, Edeka, Aldi und Lidl, scheren aus. Sie unternehmen nach Recherchen der Umweltschützer keinerlei Anstrengungen, um Waren zu beziehen, die mit Palmöl aus sauberen Quellen hergestellt wurden. Im WWF-Firmenranking der europäischen Handelskonzerne sind Edeka, Aldi und Lidl die Schlusslichter.

Im unteren Drittel der Liste, auf der mehr als 40 führende Händler stehen, rangiert auch Metro. Konkurrent Rewe schneidet am besten ab und liegt im Mittelfeld. Bestnoten in Sachen Palmöl erhalten unter anderem die Händler Coop Schweiz, Marks & Spencer (Großbritannien), Ahold (Niederland) und Carrefour (Frankreich). Am besten unter den deutschen Firmen schneidet Henkel ab. Der Hersteller belegt im Ranking der Konsumgüterproduzenten einen Spitzenplatz.

Die für die Studie analysierten Firmen wurden gefragt, wie viel Palmöl sie beziehen, aus welchen Quellen der Rohstoff stammt, und ob sie sich an der RSPO-Initiative beteiligen, die vor einigen Jahren von Palmöl-Produzenten, Händlern, Abnehmern und Umweltverbänden gründet wurde. Die Studie wird an diesem Dienstag in Malaysia vorgestellt.

Trotz allem sieht man beim WWF auch Fortschritte. Von 63 deutsche Unternehmen, die befragt wurden, erhielten immerhin 23 mehr als die Hälfte der maximalen Punkte. "Nachhaltiges Palmöl ist zumindest in Deutschland kein Ladenhüter mehr", betont Martina Fleckenstein, Landwirtschaftsexpertin beim WWF Deutschland. "Trotzdem gibt es noch einiges zu optimieren." Die Befragung sei nur eine Momentaufnahme. Je größer die Nachfrage nach zertifiziertem Palmöl bei Verbrauchern sei, desto größer sei Druck auf die Produzenten.

Wie gewaltig dieser Druck werden kann, zeigte im vergangenen Jahr eine spektakuläre Aktion von Greenpeace, die sich gegen den Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé richtete. In einer auf Youtube veröffentlichten Videoanimationen fräste sich ein riesiger Kitkat-Schokoriegel durch den indonesischen Regenwald und richtete ein blutiges Massaker an. Der Klipp löste einen weltweiten Proteststurm aus. Nestlé gab wenige Woche später bekannt, dass es seine Lieferantenkette prüfen und kein umstrittenes Palmöl mehr verwenden werde.

Die wachsende Produktion von Palmöl in den Haupterzeugerländern Indonesien und Malaysia gilt als wesentliche Ursache für die Vernichtung der Regenwälder in Südostasien. Wissenschaftler aus den USA und der Schweiz wiesen nach, dass mehr als die Hälfte der Plantagen dort angelegt wurden, wo sich vorher Regenwald ausgebreitet hatte.

© SZ vom 22.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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