Immobilien:Bund und Länder legen Eckpunkte für Grundsteuerreform fest

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Siedlung in Gelsenkirchen: 2025 ändert sich einiges bei der Grundsteuer. (Foto: Oliver Berg/dpa)
  • Überraschend haben sich Bund und Länder auf einen Kompromiss zur Reform der Grundsteuer geeinigt. Künftig soll auch die Nettokaltmiete in die Berechnung einfließen.
  • Die Abgabe zahlen zwar die Eigentümer, dürfen sie aber über die Nebenkostenabrechung an ihre Mieter weiterreichen. Berechnungen zufolge sollen die Mieten aber maximal um 65 Euro im Jahr steigen.
  • Das Bundesverfassungsgericht hatte 2018 entschieden, dass die Bemessung der Grundsteuer bis Ende dieses Jahres neu geregelt werden muss. Die neue Regel würde von 2025 an gelten.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und die Finanzminister der Länder haben sich am Freitag in Berlin überraschend auf Eckpunkte zur Reform der Grundsteuer geeinigt. Danach soll die Steuer ähnlich wie bisher abhängig vom Wert der Immobilie berechnet werden. Es sollen aber nur pauschale Werte wie Listenmieten verwendet werden, um den Wert zu bestimmen - und keine wohnungsabhängigen Nettokaltmieten. Auch in besten Lagen soll das Mieten nicht deutlich teurer werden, im Bundesfinanzministerium kalkuliert man in Ausnahmefällen mit maximal 65 Euro jährlich. "Es war ein guter Tag mit einer ehrlichen Dialogbereitschaft", sagte Monika Heinold (Grüne), Finanzministerin Schleswig-Holsteins. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) sprach dagegen von einer "ersten vorsichtige Annäherung und Gesprächsgrundlage für ein neues Modell". Die Minister wollen die Grundsteuer künftig anhand durchschnittlicher Nettokaltmieten berechnen lassen. Auch das Alter der Gebäude und pauschale Bodenrichtwerte werden einfließen. Die Reform soll aufkommensneutral sein, mögliche harte Steuererhöhungen sollen ausgeglichen werden. Für Landwirte gelten Sonderregelungen. Die Gemeinden dürfen eine Spekulationssteuer auf unbebaute Grundstücke erheben. Bundesländer, die benachteiligt sein könnten, werden über den Länderfinanzausgleich kompensiert. Die Minister verabschiedeten ein Arbeitspapier, das weiter beraten wird.

Die Reform ist kompliziert, weil jede Änderung die Mietpreise beeinflusst. Grundsteuer zahlen alle, unabhängig davon, ob sie zur Miete wohnen oder im eigenen Haus. Die Eigentümer zahlen die Steuer, legen sie aber über die Nebenkostenabrechnung auf die Mieter um.

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Das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2018 die Steuer in ihrer jetzigen Form als grundgesetzwidrig bezeichnet. Sie führe zu "gravierenden Ungleichbehandlungen". Ein wesentlicher Grund: die Immobilienwerte stammen aus den Jahren 1935 (Ost) und 1964 (West). Die Bundesregierung soll die Berechnung bis Ende 2019 neu regeln. Gelingt das nicht, dürfe die Grundsteuer nicht mehr erhoben werden. Gibt es - wie vorgesehen - eine Anschlussregelung, hat die Finanzverwaltung bis Ende 2024 Zeit, die neuen Regeln umzusetzen; 35 Millionen Grundstücke, bebaut und unbebaut, müssen neu bewerten werden. Dass die Einigung schwer würde, hatte sich abgezeichnet. Scholz hatte ein kompliziertes Modell vorgeschlagen, bei dem die Grundsteuer auf Basis der konkreten Nettokaltmiete und anderer, individueller Daten berechnet werden sollte. Bayern wollte ein wertunabhängiges Flächenmodell; die Steuer würde nach der Größe der Immobilie und nicht nach dessen Wert bemessen. Dies würde eine erhebliche Erhöhung der Grundsteuer in besten Wohnlagen verhindern. Das letzte Wort bei der Grundsteuer haben allerdings die Kommunen. Sie können über den Hebesatz, den sie festlegen, die endgültige Höhe mitbestimmen.

Die Grundsteuer spült jährlich rund 14 Milliarden Euro in die Kassen der Gemeinden. Scholz will den Gesetzentwurf zügig vorlegen. Ab Ostern soll er im Bundestag beraten werden.

© SZ vom 02.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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