Geldpolitik:US-Notenbank senkt Leitzins wegen Corona-Krise

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US-Notenbankchef Jerome Powell beim Bankenausschuss im Capitol Hill in Washington, D.C. (Foto: REUTERS)
  • Die amerikanische Notenbank Fed hat ihren Leitzins überraschend auf 1,0 bis 1,25 Prozent gesenkt.
  • Die Finanzmärkte wurden von der Entscheidung überrumpelt, die Börsen spielten erst einmal verrückt.
  • Auch die australische Zentralbank hat ihren Leitzins bereits gesenkt, EZB-Chefin Lagarde zeigte sich ebenfalls offen für Maßnahmen.

Die US-Notenbank hat wegen der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Auswirkungen des neuartigen Coronavirus ihren Leitzins überraschend gesenkt. Die Währungshüter um US-Notenbankchef Jerome Powell kappten den Zinssatz am Dienstag um einen halben Prozentpunkt auf die neue Spanne von 1,0 bis 1,25 Prozent.

"Das Coronavirus birgt ein wachsendes Risiko für die wirtschaftliche Aktivitat", heißt es in einem Statement der Fed. Die Zentralbank werde "die Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage genau überwachen, ihre Instrumente einsetzen und angemessen zur Unterstützung der Wirtschaft handeln".

Finanzmister bereit, notfalls auch fiskalische Maßnahmen zu ergreifen

Die Finanzmärkte wurden von der Entscheidung der Währungshüter überrumpelt. Die US-Börsenindizes sprangen unmittelbar nach der Ankündigung zunächst in die Höhe, drehten wenig später aber sofort wieder ins Minus, nur um sich dann abermals zu erholen. Ein Großteil der Börsenexperten hatte erst für den 17. oder 18. März mit einer Senkung des Zinssatzes gerechnet, wenn die Fed turnusmäßig über ihre geldpolitischen Schritte berät. Die Zentralbank hat ihren Leitzins 2019 drei Mal um je 0,25 Prozentpunkte gesenkt, ihn bei den letzten beiden Sitzungen jedoch in Anbetracht der soliden Wirtschaftsentwicklung in den USA unverändert belassen.

Bei einer Telefonkonferenz hatten sich die Finanzminister und Zentralbankchefs der sieben führenden Industriestaaten (G7) nur wenige Stunden vor der Fed-Entscheidung über ihr Vorgehen gegen die Corona-Krise abgestimmt. US-Finanzminister Steven Mnuchin betonte im Anschluss, die G7 hätten vereinbart, "alles in ihrer Macht Stehende" zur Schadensbegrenzung zu tun. In einer Erklärung hieß es zudem, die Finanzminister seien bereit, auch fiskalische Maßnahmen - also beispielsweise höhere Staatsausgaben - zu ergreifen, soweit dies nötig sei.

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Erst in der Nacht auf Dienstag hatte US-Präsident Donald Trump den amerikanischen Notenbankchef Jerome Powell zu einer Zinssenkung aufgefordert. "Unsere Federal Reserve lässt uns höhere Zinsen zahlen als viele andere, obwohl wir eigentlich weniger zahlen sollten", hatte er getwittert. "Das ist hart für unsere Exporteure und benachteiligt die USA im Wettbewerb. Es muss genau umgekehrt sein. Wir sollten die Zinssätze lockern und stark senken."

Trump hat US-Notenbankchef Jerome Powell in der jüngeren Vergangenheit wiederholt kritisiert und Zinssenkungen gefordert, obwohl öffentliche Forderungen von US-Präsidenten an die heimische Zentralbank vor Trump als unüblich galten. Der Republikaner wirbt im beginnenden Präsidentschaftswahlkampf mit guter Konjunktur, sinkender Arbeitslosigkeit und Börsenboom für sich. Die weltweite Ausbreitung des Coronavirus bedroht auch die weltgrößte Volkswirtschaft und könnte Trumps Wiederwahlchancen schmälern.

Auch die australische Notenbank hat bereits den Leitzins gesenkt

Auch die australische Zentralbank hat zur Abfederung der Coronavirus-Folgen bereits ihren Leitzins gesenkt. Sie verringerte ihn am Dienstag um einen Viertelprozentpunkt auf 0,5 Prozent - den niedrigsten Stand in der Geschichte des Landes. Auch im asiatischen Raum haben mehrere Notenbanken Maßnahmen ergriffen, um die Finanzmärkte zu stabilisieren. Die Region leidet besonders unter der Krise und dem wirtschaftlichen Stillstand in China. Die japanische Zentralbank etwa versorgt Geschäftsbanken über den übergangsweisen Ankauf von Staatsanleihen im Wert von umgerechnet etwa 4,2 Milliarden Euro mit Zusatzliquidität. Mit Zinssenkungen reagierten die Notenbanken von Indonesien, Malaysia und Australien.

Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hatte am Montag bereits prognostiziert, dass Volkswirtschaften mit engen Verbindungen zu China am meisten unter dem von dem Virus ausgelösten weltweiten Wirtschaftsabschwung leiden würden.

Auch die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) Christine Lagarde hat in der Nacht zum Dienstag "angemessene und zielgerichtete Maßnahmen" zur Unterstützung der Wirtschaft wegen des Coronavirus in Aussicht gestellt. Es handele sich um "eine sich schnell entwickelnde Situation, die ein Risiko für die Konjunkturausichten kreiert", sagte Lagarde. Die EZB beobachte die Entwicklung und ihre Bedeutung für die Wirtschaft, Inflation und Geldpolitik genau, teilte die Zentralbank am Montagabend nach US-Börsenschluss in einer Mitteilung mit. Sie stehe bereit, entsprechend der Notwendigkeit und der zugrundeliegenden Risiken Maßnahmen zu ergreifen.

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