Energie:Gas-Umlage: Mehrkosten von 480 Euro pro Jahr für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt

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Aus Verbraucherschutzgründen wird die Gas-Umlage wohl erst ab November/Oktober auf den Rechnungen ausgewiesen werden. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Von 1. Oktober an müssen Industrie und Haushalte 2,4 Cent mehr pro Kilowattstunde Gas zahlen. Unklar ist, ob auch noch die Mehrwertsteuer dazukommt. Die Regierung versichert erneut, dass sie Menschen mit niedrigerem Einkommen entlasten will.

Haushalte und Industrie müssen ab Oktober eine Gas-Umlage in Höhe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Das gibt das von den Gasversorgern in Deutschland getragene Gemeinschaftsunternehmen Trading-Hub Europe (THE) bekannt. Die Umlage soll Importeuren helfen, die unter der Reduzierung der Gasliefermengen aus Russland leiden. Um ihre Lieferverpflichtungen etwa gegenüber Stadtwerken zu erfüllen, müssen sie an der Börse zu hohen Preisen Ersatz kaufen. Diese Kosten konnten die Versorger bislang in laufenden Verträgen nicht unmittelbar an die Kunden weitergeben.

Das ändert sich nun. Von 1. Oktober an dürfen die Unternehmen die Kosten zu 90 Prozent umlegen. Die Umlage werde aber nicht unmittelbar auf den Rechnungen sichtbar werden, sondern mit etwas Zeitverzug, vermutlich im November oder Dezember, teilt das Wirtschaftsministerium mit. Es gebe aus Verbraucherschutzgründen Ankündigungsfristen im Energiewirtschaftsgesetz von vier bis sechs Wochen, die eingehalten werden müssten.

Die Umlage kommt noch zu den ohnehin stark gestiegenen regulären Gastarifen hinzu. Für einen vierköpfigen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 20 000 Kilowattstunden im Jahr bedeuten alleine die 2,4 Cent pro Kilowattstunde eine Mehrbelastung von 480 Euro im Jahr. Sollte die Mehrwertsteuer von 19 Prozent noch dazukommen, summiert sich der Betrag auf rund 570 Euro. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat bei der EU allerdings darum gebeten, die Steuer nicht erheben zu müssen.

Allerdings ist der Gasverbrauch stark vom energetischen Zustand des Hauses und vom Wohnverhalten abhängig. Die 20 000 Kilowattstunden wären ein normaler Wert für ein kleines Einfamilienhaus, das zum Beispiel nach den Effizenzstandards der achtziger Jahre errichtet und nicht umfassend energiesaniert wurde. 150 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche sind in solchen Häusern ein normaler Verbrauchswert. In modernen, gut gedämmten Wohnungen, zum Beispiel jenen, die nach dem sogenannten KfW55-Standard errichtet wurden - das ist bei Neubauten derzeit der übliche Energiestandard - lassen sich erheblich niedrigere Verbräuche erzielen. Zum Teil beträgt der Gasverbrauch dann nur noch ungefähr ein Drittel dessen, was bei einem Achtzigerjahrehaus anfällt. In einem Passivhaus ist es sogar möglich, den Gasverbrauch auf etwa 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter zu drücken, also auf ein Zehntel, sofern dort nicht ohenhin eine Wärmepumpe verbaut wird, um sich von den Gaspreisen unabhängig zu machen.

Das Problem ist allerdings, dass insbesondere Menschen mit wenig Einkommen oft in unsanierten Altbauten leben, die energetisch wenig effizient sind. Dass die Frage der Energiekosten in diesem Winter zu einer sozialen Frage wird, ist für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck klar. Die Umlage sei "bei Weitem kein einfacher Schritt", sagte der Grünen-Politiker. Sie sei aber notwendig, um die Wärme- und Energieversorgung in den privaten Haushalten und der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Andernfalls sei die Versorgungssicherheit gefährdet.

Allerdings müssten die Kosten für niedrigere Einkommen abgefedert werden. "Gerade für diejenigen, die nicht viel haben, ist das eine hohe Belastung, die nicht oder nur schwer zu tragen ist", so Habeck. Die Bundesregierung habe sich schon auf erste Schritte wie eine Ausweitung des Wohngeldes mit einem Heizkostenzuschuss verständigt. "Ich meine aber, dass weitere zielgenaue Entlastungen nötig sind. In dieser Krise müssen wir den demokratischen Konsens sozialpolitisch absichern", sagt der Wirtschaftsminister.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat mehrfach zugesichert, dass es wegen der extrem gestiegenen Energiepreise weitere Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger geben wird. Niemand werde alleingelassen, so Scholz. Seine Sprecherin bekräftigt dies am Montag erneut. Man werde diesbezüglich bis spätestens Oktober "bereit sein". Die Regierung sehe, dass erhebliche Mehrbelastungen auf die Menschen zukämen - und werde gegensteuern.

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