Unternehmenssteuerreform:Merz' Steuerpläne sind ein heikles Geschenk

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CDU-Chef Friedrich Merz will die bisherige Zweigleisigkeit von Körperschaftsteuer und Einkommensteuer beseitigen. (Foto: Ronny Hartmann/dpa)

CDU-Chef Friedrich Merz plädiert für eine große Unternehmenssteuerreform. Die Verbände jubeln - doch für manche Firmen könnte es ein böses Erwachen geben.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Es ist ein Geschenk, von dem zumindest manche der Beschenkten noch nicht so genau wissen, ob sie es tatsächlich annehmen sollten: CDU-Chef Friedrich Merz will die Besteuerung von Unternehmen grundlegend reformieren und die bisherige Zweigleisigkeit von Körperschaftsteuer und Einkommensteuer beseitigen. "Das bedeutet: Alle Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform werden nur noch nach einem einheitlichen Unternehmenssteuerrecht besteuert, Personengesellschaften nicht mehr nach der Einkommensteuer", sagte Merz dem Handelsblatt. Als einheitlicher Steuersatz schwebt ihm eine Größenordnung von 25 Prozent vor. Die Frage ist nur: Wem nützt und wem schadet eine solche Reform?

In Deutschland gibt es rund 790 000 Kapitalgesellschaften, gut 411 000 Personengesellschaften und mehr als zwei Millionen Einzelunternehmen. Zu ersteren zählen etwa GmbHs und Aktiengesellschaften, die strengen Berichtspflichten unterliegen und 15 Prozent Körperschaftsteuer auf ihre Gewinne zahlen. Hinzu kommt die Gewerbesteuer der Kommunen, sodass die Gesamtsteuerlast im Schnitt bei knapp 30 Prozent liegt. Personengesellschaften und Einzelunternehmen dagegen müssen weniger strenge Auflagen erfüllen, dafür haften die Gesellschafter bei Verlusten mit ihrem Privatvermögen. Sie zahlen keine Körperschaftsteuer, sondern - wie Arbeiter, Angestellte und Beamte - Einkommensteuer. Der Eingangssteuersatz liegt entsprechend bei 14, der Satz für den letzten verdient Euro bei bis zu 45 Prozent.

Ob das einzelne Personenunternehmen nun von Merz' Vorschlag profitieren würde, hängt vom Durchschnittssteuersatz ab, den es zahlt. Bei vielen profitablen Firmen dürfte diese Durchschnittsbelastung deutlich über 25 Prozent liegen, hinzu kommt die Gewerbesteuer. Die Merzschen Pläne brächten also eine spürbare Steuersenkung mit sich. Ausgerechnet manch kleinem oder wenig rentablem Unternehmen dagegen, das von der Gewerbesteuer befreit ist, drohte womöglich sogar eine Mehrbelastung. Auch der Staat zählte erst einmal zu den Verlierern, denn die Reform würde zu Steuerausfällen von 20 bis 30 Milliarden Euro im Jahr führen, wie der CDU-Chef selbst einräumt. Allerdings, so Merz, zeige die Erfahrung, dass Unternehmenssteuersenkungen das Wirtschaftswachstum ankurbelten und sich damit teilweise selbst finanzierten. Ein Argument, dass in der Wissenschaft nicht unumstritten ist.

Die Debatte über die zweigeteilte Unternehmenssteuer ist 100 Jahre alt

Dennoch setzen auch die Betroffenen auf eben diesen Effekt. "Die letzte Unternehmenssteuerreform von 2008 hat bewiesen, dass Steuersatzsenkungen eine neue Wachstumsdynamik entfalten", sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik, der SZ. Es sei auch richtig, dass die CDU eine Gleichbehandlung der Gewinne von Personen- und Kapitalgesellschaften erreichen wolle. "Das ist überfällig. Steuerliche Impulse sind dringend notwendig, um den Verschlechterungen bei vielen Standortfaktoren entgegenzuwirken", so Kirchdörfer. Fazit: "Die Familienunternehmen begrüßen die CDU-Pläne für eine umfassende Unternehmenssteuerreform."

Tatsächlich gibt es die Debatte darüber, ob - und wenn ja, wie - das Nebeneinander von Körperschaft- und Einkommensteuer bei der Unternehmensbesteuerung beseitigt werden sollte, schon seit ziemlich exakt 100 Jahren. 1924 etwa formulierten Teilnehmer des Deutschen Juristentags in Heidelberg eine entsprechende Forderung. Immerhin: Seit einigen Jahren können Personenunternehmen wählen, ob sie statt Einkommen- Körperschaftsteuer zahlen wollen. Die Option ist allerdings mit einigen Kautelen verbunden und zudem kompliziert, weshalb nur wenige Firmen von ihr Gebrauch machen. Merz will das Wahlrecht deshalb wieder abschaffen und Gewerbe-, Körperschaft- und Einkommensteuer für unternehmerische und gewerbliche Einkünfte zu "einer verständlichen Unternehmensbesteuerung" verschmelzen.

Familienunternehmerverband will zunächst den Solidaritätszuschlag abschaffen

Lob dafür erhält der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende auch von Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer. "Merz greift die Sorge vieler Familienunternehmer auf, dass die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf viel zu vielen Feldern gleichzeitig wegrutscht", sagte sie. "Das Ziel seiner Unternehmenssteuerreform, die Steuerbelastung zu senken, ist überfällig. Deutschland hat unter den Industrieländern mit die höchsten Unternehmenssteuern."

Allerdings, so klagt nicht nur die Verbandschefin, sei noch "zu wenig bekannt, wie die CDU sich das Konzept genau vorstellt". Zudem müsse Merz schärfer herausarbeiten, warum Kapital- und Personengesellschaften nicht mehr unterschiedlich besteuert werden sollten. Schließlich seien Personenunternehmen die Grundlage für die sehr langfristig orientierte Finanzierungskultur in Deutschland. Auch dürfe eine Unternehmenssteuerreform nicht zum Aushebeln der Schuldenbremse des Grundgesetzes führen. "Daher könnte es sinnvoll sein, mit mehreren Zwischenschritten loszulegen, wie zum Beispiel der Abschaffung des Soli, den inzwischen fast nur noch Unternehmen zahlen." Auch könne die Gewerbesteuer durch einen Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer ersetzt werden. Das nämlich, so Ostermann, wäre einmal "eine echte Bürokratieentlastung".

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