Frankfurt-Hahn:Was ein Teenager mit dem geplatzten Flughafendeal zu tun haben könnte 

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Bei Hochstaplern offenbar begehrt: der Regionalflughafen Frankfurt-Hahn. (Foto: Rainer Unkel/imago)

Adem K. wollte mit Bavarian Airlines den großen Fluggesellschaften Konkurrenz machen - dabei war er wohl erst 15 Jahre alt. Womöglich reicht der Betrugsfall weiter - und macht die Saga um den Regionalflughafen Hahn um ein Kapitel reicher.

Von Bernd Kramer

Während andere noch zur Schule gehen, versucht sich Adem K. an den ganz großen Geschäften. Anfang des Jahres geriet er in die Schlagzeilen mit der Ankündigung, eine neue Fluggesellschaft gründen zu wollen: Bavarian Airlines. Von München aus sollten Geschäftsreisende zu Zielen in Deutschland und Europa aufbrechen können - wie mit der Lufthansa, nur besser. Geschäftspartner werfen Adem K. inzwischen Betrug vor, ein Berater blieb nach eigenen Angaben auf Rechnungen über mehrere Zehntausend Euro sitzen, ins Handelsregister eingetragen wurde die neue Airline bis heute nicht - was vielleicht auch nicht überrascht: Offenbar ist der Jungunternehmer Adem K. nicht einmal volljährig. Zum Zeitpunkt der angeblichen Airline-Gründung soll er gerade einmal 15 Jahre alt gewesen sein.

Nun könnte sich der Betrugsfall offenbar erheblich ausweiten. Adem K. ist womöglich auch eine zentrale Figur hinter dem geplatzten Verkauf des Flughafens Frankfurt-Hahn. Das legen Recherchen des Senders Pro Sieben nahe.

Der abgelegene Regionalflughafen im Hunsrück wird vor allem vom Billigfluganbieter Ryanair genutzt und war stets Sorgenkind des Landes Rheinland-Pfalz, das über Jahre nach einem Betreiber für den lange verlustträchtigen Airport suchen musste - und dabei nicht gerade eine glückliche Hand bewies. Bereits im Jahr 2016 blamierte sich die Landesregierung in Mainz, weil sie offenbar auf einen windigen Investor aus Fernost hereingefallen war und das Verfahren neu aufrollen musste. Ein Jahr später fand sich schließlich der chinesische Mischkonzern HNA als Käufer des ehemaligen Militärflughafens. Doch 2021 schlitterte der Flughafen erneut in die Insolvenz, die Staatsanwaltschaft hatte unter anderem Ermittlungen wegen Subventionsbetrugs eingeleitet. Die Suche nach einem Betreiber ging von vorn los, wieder einmal.

Im Juni 2022 konnte der Insolvenzverwalter schließlich die vermeintlich erlösende Nachricht verkünden: Man habe einen neuen Käufer gefunden, ein Frankfurter Unternehmen namens Swift Conjoy wolle den Airport samt Belegschaft übernehmen. Die Hoffnung für die rund 400 Mitarbeitenden am Regionalflughafen währte nur kurz: Gegen Ende des Jahres war der Kaufpreis offenbar immer noch nicht bezahlt. Im Februar 2023 teilte der Insolvenzverwalter schließlich mit, dass der Verkauf "nicht vollzogen" worden sei und man neu suche. Woran es hakte, das blieb lange im Dunkeln - nun könnte es eine mögliche Erklärung geben.

Swift Conjoy ist ein Joint Venture der Swift Holding, ein Frankfurter Unternehmen, das vor allem als Vermögensverwalter und Immobilienentwickler auftritt, bisher aber kaum mit Luftverkehr zu tun hatte. Pro Sieben zufolge könnte Adem K. im Hintergrund den Kauf angestoßen haben. Adem K. soll Musa A., einen Partner der Swift Holding, von der Idee überzeugt haben, den Flughafen zu übernehmen, und dabei die Finanzierung des Deals in Aussicht gestellt haben. Das Geld für den mutmaßlich millionenschweren Kauf wollte Adem K. stellen. Im Vertrauen darauf könnte die Swift Holding schließlich auf den angeschlagenen Airport geboten haben, so legt es der Beitrag nahe und beruft sich dabei auf die Aussagen von Musa A. Er berichtet dabei auch von einem Geschäftstreffen mit Adem K. im Düsseldorfer Stadttor, einem Bürohochhaus, in das Adem K. offenbar gezielt lud, um sich als seriöser Geschäftsmann mit repräsentativem Firmensitz zu präsentieren. K. hatte dort aber offenbar allenfalls ein Stundenbüro gemietet. Bei Pro Sieben hat sich Adem K. nicht geäußert.

Auch eine Anfrage der SZ zum Flughafendeal ließ er bislang unbeantwortet, gegenüber dem Portal Gründerszene bestreitet K. den Kontakt nicht, will sich aber über den Flughafendeal "lediglich informiert" haben. In seinem Umfeld hat K. seine Flughafenüberlegungen offenbar immerhin angedeutet. Ein Geschäftspartner, der bei der Gründung der angeblichen Bavarian Airlines beraten hat, sagte der SZ, Adem K. habe auch ihn gefragt, ob ein Kauf des angeschlagenen Flughafens sinnvoll sei, allerdings offenbar ohne weitere Details zu nennen. Einem anderen Geschäftspartner hat K. offenbar Ende Oktober 2022 ein Foto geschickt, das ihn bei einem Treffen mit Musa A. zeigt - zu einem Zeitpunkt also, als der Hahn-Insolvenzverwalter darauf wartete, dass der Kaufpreis überwiesen wird.

Die Swift Holding hingegen widerspricht dem Bericht von Pro Sieben. Ein Anwalt teilte der SZ am Donnerstag mit, die Firma werde häufig von Personen oder Unternehmen angesprochen, die Projekte anbieten. Zu geplatzten Vorhaben wie dem Flughafenkauf äußere man sich nicht. Musa A. habe das Unternehmen inzwischen verlassen.

Der Insolvenzverwalter hat mittlerweile einen anderen Käufer gefunden

Die Verbindung zwischen Adem K. und dem bisherigen Swift-Partner Musa A. wird auf Linkedin sichtbar, wo beide miteinander vernetzt sind. Im vergangenen Jahr hatte Musa A. dort den Flughafenkauf gepostet: "Swift Conjoy beabsichtigt, den Passagier- und Frachtbetrieb am Flughafen Frankfurt-Hahn fortzuführen und umfassend auszubauen, einschließlich Investitionen und der Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Region." Anfang des Jahres postete er einen Link zu einem der vielen Artikel, in denen damals über Adem K.s Plan zur Gründung der Bavarian Airlines berichtet wurde - mit einem Marienkäfer-Emoji, als wünsche er dem vermeintlichen Gründer Glück. Adem K. wiederum likte den Post.

Zu der Fluggesellschaft kam es nie, ebenso wenig wie zum Swift-Kauf des Flughafens Frankfurt-Hahn. Im April 2023 teilte der Insolvenzverwalter mit, einen anderen Käufer für den Airport gefunden zu haben: ein Unternehmen aus Trier, das bereits Flugplätze betreibt. Und nach allem, was man weiß, steht hinter dem neuen Eigentümer kein Teenager.

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Text: Bernd Kramer, Illustration: Stefan Dimitrov

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