Soziales Netzwerk:Facebook will jünger werden

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Facebook als Plattform für jüngere Menschen wieder attraktiver machen - das ist das Ziel von Konzernchef Mark Zuckerberg. (Foto: Doug Murray/AP)

Wegen des erfolgreichen Konkurrenten Tiktok leitet Konzernchef Zuckerberg einen Strategiewechsel ein: Man orientiere sich nun nicht mehr an allen Altersgruppen, sondern nur noch an den unter 30-Jährigen.

Facebook will unter dem Konkurrenzdruck des chinesischen Rivalen Tiktok attraktiver für junge Nutzer werden. Alle Facebook-Apps bekämen das Ziel, zu den besten Diensten für Erwachsene im Alter zwischen 18 und 29 Jahren zu werden, "statt für eine größere Zahl älterer Leute zu optimieren", sagte Gründer und Chef Mark Zuckerberg. Zugleich steckt Facebook Milliarden in den Aufbau einer virtuellen Welt, in der Zuckerberg die nächste Kommunikations-Plattform sieht.

Die Ausrichtung auf junge Nutzer werde Konsequenzen haben, sagte Zuckerberg in einer Telefonkonferenz mit Analysten. In anderen Altersgruppen werde es dadurch vermutlich weniger Wachstum geben - es sei auf lange Sicht aber der richtige Ansatz. Zugleich werde es "Jahre und nicht Monate dauern, den Wandel ganz umzusetzen". Den Videodienst Tiktok bezeichnete der Facebook-Chef als "einen der effizientesten Konkurrenten, dem wir je gegenüberstanden".

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Konkret scheinen die Pläne unter anderem zu bedeuten, dass bei Facebook und dem Fotodienst Instagram kurze Videos - das Tiktok-Kerngeschäft - stärker in den Vordergrund rücken werden. Zuletzt kamen bereits 60 Prozent der Werbeerlöse im Videobereich von Clips im Hochformat, die weniger als 15 Sekunden lang waren. Junge Erwachsene seien traditionell eine "starke Basis" gewesen, sagte Zuckerberg. "Und das ist wichtig, denn sie sind die Zukunft." Im vergangenen Jahrzehnt sei die Nutzerschaft aber vielfältiger geworden und Facebook habe sich darauf fokussiert, für alle da zu sein. Nun sollten die Bedürfnisse der Jüngeren der "Leitstern" werden.

Unter den zuletzt öffentlich gewordenen internen Facebook-Dokumenten sind auch Analysen, wonach Facebook in den USA weniger von jungen Menschen genutzt werde. Die aktuelle Welle kritischer Medienberichte auf Basis interner Unterlagen nannte Zuckerberg einen "koordinierten Versuch", seinen Konzern im falschen Licht darzustellen. Unter den Vorwürfen, die auf die ehemalige Mitarbeiterin Frances Haugen zurückgehen, wiegt jener besonders schwer, Facebook habe dank Umfragen und Datenanalysen durchaus gewusst, dass seine Dienste im realen Leben Schaden anrichteten, dies aber ignoriert, um Geld zu verdienen.

Facebook treibt seine virtuelle Umgebung "Metaverse" voran

Eine Änderung des Konzernnamens, über die seit vergangener Woche spekuliert wird, gab es zur Vorlage der aktuellen Quartalszahlen am Montag nicht. Nach Medienberichten soll ein neuer Name andere Apps wie Instagram aus dem Schatten von Facebook führen, der ersten und wichtigsten Plattform der Firmengruppe. Zugleich gehe es auch darum, die Evolution hin zum "Metaverse" zu verankern - einer virtuellen Umgebung, in der reale und digitale Welten ineinander greifen. Zuckerberg bekräftigte erneut, dass er darin die Zukunft der Kommunikation sehe.

Auch ohne einen neuen Konzernnamen nehmen die "Metaverse"-Aktivitäten immer mehr Gestalt an. So kündigte Facebook an, dass der bisherige Bereich rund um virtuelle Realität - die Facebook Reality Labs - vom kommenden Quartal an separat in der Bilanz ausgewiesen werden solle. Im aktuellen Quartalsbericht hieß es, dass die Investitionen in die Sparte den operativen Gewinn von Facebook allein in diesem Jahr um rund zehn Milliarden Dollar drücken würden.

Das Geld für die Zukunftsprojekte liefert nach wie vor das gut laufende Werbegeschäft. Im dritten Quartal stiegen die Anzeigenerlöse im Jahresvergleich um etwa ein Drittel auf 28,3 Milliarden Dollar. Dabei beklagte Facebook noch "Gegenwind" vor allem durch Apples neue Regeln für mehr Privatsphäre auf dem iPhone. Alle App-Entwickler müssen seit dem Sommer iPhone-Nutzer ausdrücklich um Erlaubnis fragen, wenn sie ihre Aktivitäten quer über verschiedene Anwendungen und Dienste hinweg zu Werbezwecken verfolgen wollen. Nach Umfragen lehnen die meisten Nutzer dies ab. Entsprechend geraten viele bisherige Geschäftsmodelle der Werbebranche durcheinander. Laut Facebook wurde es schwieriger, die Werbung zu personalisieren und Werbekunden Daten zur Effizienz ihrer Anzeigen zu liefern.

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