Tech-Konzern:Facebook droht EU-Wettbewerbsverfahren

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Nun auch gegen Facebook: EU-Kommission bereitet ein Verfahren vor. (Foto: Olivier Douliery/AFP)

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager will auch gegen das soziale Netzwerk ein offizielles Ermittlungsverfahren einleiten.

Von Helmut Martin-Jung, München

Google, Apple, Amazon - gegen jeden dieser mächtigen amerikanischen Technologiekonzerne hat die mutige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bereits ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil die Unternehmen den Wettbewerb behindert haben sollen. Nun muss sich aller Voraussicht nach auch der Facebook-Konzern in Kürze einem solchen Verfahren stellen, wie die Financial Times und die Nachrichtenagentur Reuters berichten.

Der Grund für das Ermittlungsverfahren, das schon in wenigen Tagen offiziell bekanntgegeben werden könnte, ist der Verdacht, Facebook habe mit seinem Marketplace genannten Angebot für Kleinanzeigen Konkurrenten benachteiligt. Die EU-Kommission hat den Berichten zufolge sowohl Facebook als auch einigen Konkurrenten bereits mehrmals Fragenkataloge geschickt.

Das Ziel ist herauszufinden, ob Facebook den Wettbewerb dadurch verzerrt, dass es seine weltweit mehr als zwei Milliarden Nutzer die Anzeigen kostenlos schalten lässt. Den Marketplace hatte Facebook bereits 2016 gestartet. Die Zahl derjenigen, die dieses Angebot nutzen, liegt bei etwa 800 Millionen. Facebook selbst verkauft dabei nichts, sondern schafft nur die Möglichkeit dafür.

Auf dem virtuellen Marktplatz von Facebook können Händler kostenlos einen Shop einrichten. Bezahlen müssen sie nur für die Abwicklung des Bezahlvorgangs. Facebook verdient daran, weil rund um die Shops Werbung angezeigt wird. Außerdem ist die Sache auch deswegen gut für Facebook, weil das soziale Netzwerk davon profitiert, wenn Nutzer möglichst lange auf der Website bleiben.

Das drohende Ermittlungsverfahren ist nur eines von vielen Problemen, mit denen sich das soziale Netzwerk und sein Chef Mark Zuckerberg herumschlagen müssen. Sein Konzern steht auch im Heimatland USA unter Druck, zum einen wegen wettbewerbsrechtlicher Fragen. Zum anderen aber auch, weil das Netzwerk eine unrühmliche Rolle bei Falschnachrichten und Hassbotschaften spielt.

Facebook versucht, diesen Vorwurf unter anderem durch ein Beratergremium zu entkräften, das Richtlinien dafür entwirft, wie Facebook sich in bestimmten Fragen verhalten soll. Jüngst schlug dieses sogenannte Oversight Board etwa vor, das Konto des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump weiter zu blockieren. Es war nach dem Sturm aufs Kapitol im Januar dieses Jahres gesperrt worden.

Facebook ist der letzte der große US-Konzern, dem die EU-Kommission mit einer formellen Ermittlung auf den Pelz rückt. Neben dem Imageschaden, den ein solches Verfahren nach sich zieht, kann es für die Unternehmen auch ziemlich teuer werden. Google etwa musste bereits dreimal Geld an die EU überweisen, 2017 waren es 2,42 Milliarden Euro, 2019 folgte eine Buße von 1,49 Milliarden Euro. 2018 musste Google wegen Wettbewerbsverzerrung beim Smartphone-Betriebssystem Android sogar 4,34 Milliarden Euro zahlen. Kein Wunder, dass Facebook wenig begeistert ist. Wie die Financial Times erfahren haben will, ist der Konzern sogar gerichtlich gegen die Fragenkataloge vorgegangen.

Die EU setzt aber nicht nur das Wettbewerbsrecht ein, um die Tech-Konzerne zu bändigen, sondern arbeitet auch an Gesetzen, dem Digital Markets Act und dem Digital Services Act, die die Tech-Firmen zu mehr Fairness verpflichten sollen. Bis die greifen, wird es allerdings noch dauern.

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