Die deutschen Exporte wachsen und wachsen. Der November 2016 war ein Rekordmonat: Waren und Dienstleistungen im Wert von 108,5 Milliarden Euro wurden ins Ausland verkauft, teilte das Statistische Bundesamt mit. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist das ein Anstieg um 5,6 Prozent. Der bisherige Bestwert vom März 2015 wurde damit um knapp eine Milliarde Euro übertroffen.
Doch das ist nicht nur ein Grund zum Feiern. Den Exporten standen deutlich weniger Importe gegenüber, nämlich im Wert von 85,8 Milliarden Euro. Viele Experten halten das für problematisch: Ein extremer Exportüberschuss des wirtschaftlich stabilen Deutschlands könnte andere Länder in der Euro-Zone weiter schwächen. Ein beträchtlicher Teil der deutschen Exporte geht in diese Länder - und hohe Exportüberschüsse bedeuten auch Defizite bei den Handelspartnern.
Ökonomen sehen in diesen Überschüssen, auch Handelsbilanzüberschüsse genannt, noch ein weiteres Problem. Sie können auf eine zu geringe Binnennachfrage hinweisen, also auf zu wenig Nachfrage innerhalb Deutschlands. Öffentliche Investitionen könnten diese Binnennachfrage steigern, indem der Staat zum Beispiel Geld in die Infrastruktur steckt oder Anreize für Unternehmen setzt, ihrerseits innerhalb Deutschlands zu investieren.
Während sich die Wirtschaft gut entwickelt und die Export-Rekorde neue Höhen erklimmen, schneidet Deutschland bei den Investitionen im internationalen Vergleich aber eher schlecht ab. Die Investitionsquote, die das Verhältnis von Investitionen zur Wirtschaftsleistung beschreibt, liegt in Deutschland bei etwa 20 Prozent. In Ländern wie Irland, Schweden und der Schweiz liegt sie mit etwa 24 Prozent deutlich höher, ebenso in Norwegen (23 Prozent) und in Österreich (22 Prozent). Auch im Vergleich mit den 35 Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hinkt Deutschland hinterher und lag von 1999 bis 2012 unter dem Durchschnitt.
Arbeitsmarkt:Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren
Im Jahr 2016 sank der Wert auf durchschnittlich 6,1 Prozent. Zuletzt meldeten sich allerdings wieder mehr Menschen arbeitslos.
Finanzministerium sieht in den Zahlen kein Problem
Das Bundesfinanzministerium vertritt die Position, dass die niedrige Investitionsquote und der hohe Handelsbilanzüberschuss keine Gefahr seien - und die Regierung kaum Handlungsspielraum habe. Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht unter anderem die lockere Geldpolitik und die Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank als eine Ursache. Der daraus resultierende niedrige Euro-Kurs habe es der Exportnation Deutschland unter anderem ermöglicht, Waren günstiger ins außereuropäische Ausland zu verkaufen.
EZB-Präsident Mario Draghi sieht das anders: Er hat immer wieder angemahnt, Deutschland müsse seinen wirtschaftspolitischen Spielraum besser nutzen, zum Beispiel, indem es die hohen Steuereinnahmen anders einsetze. Auch seitens der EU und aus den USA gibt es immer wieder Kritik an den hohen deutschen Exportüberschüssen.