Europäisches Konjunkturprogramm:Für Merkels Pläne fehlt das Geld

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"Ich fürchte, ich muss sie enttäuschen": EU-Kommissar Hahn hat das Vorhaben von Kanzlerin Merkel zurückgewiesen, Brüsseler Fördertöpfe zur Stützung von Euro-Krisenländern zu nutzen. Weil in den Fonds kaum Geld vorhanden sei, sei der von Merkel vorgeschlagene Wachstumsfonds "unrealistisch", so Hahn im SZ-Interview.

Cerstin Gammelin und Cornelius Pollmer, Brüssel

Die Europäische Kommission hat Pläne von Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückgewiesen, auf dem EU-Gipfel einen Wachstumsfonds zu schaffen und mit noch nicht genutztem Geld aus EU-Töpfen zu füllen. Das sei "unrealistisch", sagte der zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn der Süddeutschen Zeitung. Es sei kaum freies Geld verfügbar.

"Unrealistisch" nennt EU-Kommissar Johannes Hahn (Archivbild) das Vorhaben von Kanzlerin Angela Merkel, EU-Fördertöpfe zur Stützung von Krisenländern zu nutzen. (Foto: dpa)

Hahn habe vergangene Woche "in Form eines Briefs" von dem Plan Merkels und Sarkozys erfahren. "Nachdem ich die Verantwortlichen darauf aufmerksam gemacht habe, um wie viel Geld es sich dabei handeln würde, ist diese Idee mit dem Wachstumsfonds wieder verschwunden", sagte der für Regionalpolitik zuständige EU-Kommissar. Selbst wenn er "alle nicht genutzten Mittel der Jahre 2010 und 2011 zusammenfasse, komme ich auf 30 Millionen Euro". Ein zentral verwalteter europäischer Wachstumsfonds müsste mit Geld gefüllt werden, das den Ländern abgezogen wird: "Damit werden die Regierungen nicht einverstanden sein", sagte Hahn.

Zwar stünden den europäischen Strukturfonds für die Jahre 2007 bis 2013 fast 350 Milliarden Euro zur Verfügung. Aber drei Viertel dieser Gelder seien bereits Projekten zugeordnet. "Es bleiben also 25 Prozent, und da gibt es immer die Fehleinschätzung, das Geld werde nicht genutzt. Es wird aber genutzt. Es ist budgetiert, das heißt, es ist einzelnen Ländern zugeordnet, aber die haben es noch nicht konkreten Projekten zugewiesen." Solche Förderverträge ließen sich zwar ändern, "aber nur, wenn die Mitgliedsländer das auch wollen. Wir können als Kommission nicht einfach sagen, das Geld geht jetzt von A nach B."

Als schwierig gestaltet sich Hahn zufolge auch das Vorhaben, in der Krise die Europäische Investitionsbank als Kreditgeber für kleine und mittelständische Unternehmen stärker zu nutzen und so Wirtschaftswachstum zu fördern. Die Bank könnte ihre Bestnote verlieren, wenn sie weiter viele Kredite vergibt, und droht somit, als Kreditgeber auszufallen. Hahn sagte dazu: "Das ist ein Problem. Ursprünglich war ja geplant, dass wir Mittel aus den Fonds nehmen, um das Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank zu stärken. Dann hätte sie wieder mehr Kredite vergeben können. Aber der Plan ist vom Tisch, weil eben kaum Mittel aus den Fonds übrig sind."

Lesen Sie das vollständige Interview mit EU-Kommissar Johannes Hahn in der Freitagsausgabe der Süddeutschen Zeitung.

© SZ vom 27.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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