EU:Das sind die Bewerber für den Posten des Eurogruppen-Chefs

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Sie wollen dem bisherigen Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nachfolgen (von links nach rechts): Dana Reizniece-Ozola, Peter Kažimír, Mário Centeno, Pierre Gramegna. (Foto: N/A)
  • Am Montagmittag treffen sich die Euro-Finanzminister, um einen neuen Chef für die Eurogruppe zu bestimmen.
  • Für den einflussreichen Posten gibt es vier recht unterschiedliche Kandidaten - und einen Favoriten.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Die meisten seiner Kollegen hätten ihn gerne noch bis zum Sommer behalten, doch daraus wird nichts. Jeroen Dijsselbloem muss sein Amt als Präsident der Eurogruppe am 13. Januar aufgeben. Seine sozialdemokratische Partei PvdA ist nicht mehr Teil der neuen Regierung in Den Haag; und die hat den Wunsch vieler Euro-Staaten abgelehnt, bevorstehende Wahlen und Regierungsbildungen abzuwarten und damit Dijsselbloem noch länger als Eurogruppen-Chef zu akzeptieren. Die Finanzminister der Währungsunion werden also an diesem Montag einen neuen Vorsitzenden für zweieinhalb Jahre wählen. Nötig ist eine einfache Mehrheit; bei 19 Euro-Staaten sind das zehn Stimmen. Vier Bewerber stellen sich zur Wahl.

Der Ronaldo

Mário Centeno gibt sich siegesgewiss. Er habe mit Frankreich und Deutschland "recht konstruktive" Gespräche in dieser Angelegenheit geführt, sagt der portugiesische Finanzminister. Und damit nicht genug: Aus römischen Regierungskreisen verlautet, dass Italien den 50-Jährigen unterstützen will. Auch Spanien will für Centeno stimmen. Der Portugiese gilt als Favorit für den Eurogruppen-Vorsitz.

Centeno ist seit 2015 Finanzminister in Lissabon, zuvor arbeitete er bei der portugiesischen Zentralbank. Mit ihm würde ein Vertreter eines ehemaligen "Programmlandes" Eurogruppen-Chef. Portugal war in der Finanzkrise auf Kredite des Euro-Rettungsfonds angewiesen. Centenos Wahl wäre ein starkes Signal in Richtung Südeuropa. Der frühere Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lobte ihn in Anspielung auf den Weltfußballer aus Portugal als "Ronaldo der Eurogruppe". Für Centeno, einen erklärten Fan von Benfica Lissabon, spricht vor allem, dass er wie Dijsselbloem Sozialdemokrat ist. Die Christdemokraten haben auf einen eigenen Kandidaten verzichtet, da ihre Parteienvertreter bereits die Präsidentenposten der EU-Kommission sowie des Europäischen Rats und des Europaparlaments besetzen.

Der Brückenbauer

Auch Peter Kažimír ist Sozialdemokrat, aber eher einer der harten Linie. Der 49-Jährige ist seit 2012 Finanzminister der Slowakei und damit einer der erfahrensten Mitglieder der Eurogruppe. In der Griechenland-Krise tendierte er zur deutschen Haltung. Ebenso wie Dijsselbloem sieht Kažimír die Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach einem großen Euro-Zonen-Haushalt skeptisch. Der Slowake vertritt lieber Schäubles Linie. "Er war für mich wie mein Lehrer", sagte Kažimír beim Abschied des langjährigen deutschen Finanzministers in der Eurogruppe. Die Medien goutieren die oft markigen Tweets des Slowaken; mancher Diplomat und Beamter würde sich hingegen wünschen, dass er weniger Sprüche klopfte und stattdessen besseres Englisch spräche.

Mit Kažimír stünde erstmals ein Osteuropäer an der Spitze des mächtigen Gremiums. Er will versuchen, zwischen den Staaten der Währungsunion und den Nicht-Euro-Ländern wie Polen, Tschechien oder Ungarn "Brücken zu bauen".

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Die Schachspielerin

Dana Reizniece-Ozola ist mit 36 Jahren die jüngste Kandidatin. An Erfahrung mangelt es der Lettin aber nicht. Seit Februar 2016 ist sie Finanzministerin, zuvor führte sie zwei Jahre das Wirtschaftsressort in Riga. Neben ihrer Regierungsarbeit spielt sie professionell Schach. Sie tritt bei internationalen Turnieren an und trägt den Titel einer Großmeisterin.

Parteipolitisch ist sie auf europäischer Ebene nicht gerade leicht einzuordnen. Reizniece-Ozola gehört zur kleinen Mitte-rechts-Partei "Für Lettland und Ventspils". Diese ist Teil der lettischen Regierungsallianz "Bündnis der Grünen und Bauern", die im Europäischen Parlament der liberalen Fraktion angehört. Sollte sie Dijsselbloem nachfolgen, wäre das eine große Überraschung.

Der Diplomat

Er war der erste, der seine Kandidatur öffentlich in den Ring warf: Pierre Gramegna, 59, Finanzminister von Luxemburg. Seine Karriere begann er als Diplomat. Nach Botschafter-Stationen in Südkorea und Japan leitete er die Handelskammer des Großherzogtums. Gramegna ist einer, der bei der anstehenden Reform der Euro-Zone zwischen den unterschiedlichen Positionen in Nord- und Südeuropa vermitteln könnte. Er ist Liberaler und gilt im besten Sinne des Wortes als unideologisch. Sein Nachteil: Mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker steht bereits ein Luxemburger an der Spitze einer EU-Institution.

Manche in der Eurogruppe würden es außerdem als fatales Signal sehen, ausgerechnet den Vertreter eines Landes zu wählen, das für eine umstrittene Steuerpolitik steht. Luxemburg hatte multinationale Konzerne jahrelang mit niedrigen Steuersätzen angelockt. Gramegna sagt dazu: "Wir sind schon lange keine Steueroase mehr."

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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