Es ist das Herzstück von Europas Klimapolitik: Schon seit 2005 müssen Industrieunternehmen und Energieversorger CO₂-Zertifikate erwerben, wenn sie klimaschädliches Kohlendioxid in die Luft blasen. Die Einnahmen gehen an die EU-Mitgliedstaaten. Über die Jahre hat die EU das Emissionshandelssystem verschärft - Firmen müssen also entweder ihren Ausstoß senken oder mehr dieser Verschmutzungsrechte kaufen. Doch all das reicht nicht, um die ehrgeizigen Klimaziele der EU zu erreichen. Daher wird die Kommission in zwei Wochen anregen, das System auszuweiten und noch stärker zu verschärfen. Dies ergibt sich aus dem 64-seitigen Entwurf des Richtlinienvorschlags, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
So soll die Zahl der CO₂-Zertifikate schneller abnehmen als bislang üblich - dies verknappt die Möglichkeiten, Treibhausgase in die Atmosphäre zu jagen, und verteuert sie damit. Außerdem soll erstmals auch die See-Schifffahrt in das System miteinbezogen werden. Für die bislang ebenfalls außen vor gebliebenen Bereiche Gebäude und Verkehr soll im Jahr 2025 ein eigenes Emissionshandelssystem etabliert werden. Konkret sollen die Zertifikate die Treibstoffe belasten, also Sprit für Autos und Öl und Gas für Heizungen.
Wenn Autofahren und Heizen teurer wird, könnte dies arme Haushalte besonders hart treffen. Deshalb will der Gesetzentwurf die Mitgliedstaaten zwingen, die Einnahmen aus dem Emissionshandel ausschließlich dem Klimaschutz zu widmen - als Beispiel wird genannt, arme Haushalte bei der Wärmedämmung ihrer Wohnungen zu unterstützen.
Die CO₂-Zertifikate belasten ebenso die Industrie. Damit die Konzerne im weltweiten Wettbewerb besser bestehen können, werden vielen Industriebranchen bislang kostenlose Verschmutzungs-Zertifikate zugeteilt. Künftig soll allerdings ein sogenanntes Kohlendioxid-Grenzausgleichssystem diesen Schutz bieten. Den Vorschlag dafür will die Kommission ebenfalls in zwei Wochen präsentieren. Das Prinzip: Wurden Importe unter klimaschädlicheren Bedingungen hergestellt als in Europa üblich, will die EU die Waren mit dieser Grenzausgleichs-Abgabe belasten. Das soll erst für Grundstoffe wie Zement gelten, bei denen einfacher zu ermitteln ist, wieviel Treibhausgase bei der Produktion im Ausland entstanden sind.
"Eine wackelige Geschichte"
Im Gesetzentwurf zum Emissionshandel macht die Kommission klar, dass Branchen, die das Grenzausgleichssystem schützt, nicht länger von kostenlosen Verschmutzungs-Zertifikaten profitieren sollen. Dies erzürnt aber manche Europaabgeordnete, etwa Markus Pieper. "Die kostenlose Zuteilung muss bleiben", sagt der CDU-Politiker, der im Industrieausschuss sitzt. Schließlich sei das Grenzausgleichssystem "eine wackelige Geschichte, die vielleicht nicht Bestand haben kann und die der europäischen Exportindustrie ohnehin nichts bringt". Den Gesetzentwurf der Kommission müssen Mitgliedstaaten und EU-Parlament billigen - hier steht also eine heiße Debatte bevor.