Ermittlungen gegen Generali-Versicherung:Commerzbank als Zeuge

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Commerzbank-Zentrale in Frankfurt. (Foto: AFP)

Bei der Commerzbank kreuzen Fahnder auf und durchsuchen 40 Standorte. Sie wollen aber nicht an die Bank, sondern an ihren Kooperationspartner Generali ran. Staatsanwälte prüfen, ob die Versicherung Kunden mit Lebensversicherungen beim Hinterziehen von Steuern geholfen hat.

Von Harald Freiberger, Frankfurt und Patrick Hagen, Köln

Ein neuer Skandal erschüttert die deutsche Finanzbranche: Bei der Commerzbank fand am Dienstag eine Groß-Razzia statt. 270 Steuerfahnder durchsuchten die Zentrale und mehrere Niederlassungen der Frankfurter Großbank wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung, bestätigte die Staatsanwaltschaft Bochum. Dabei steht nicht die Bank selbst im Mittelpunkt der Ermittlungen, sondern ein italienischer Versicherer. Nach Informationen der SZ handelt es sich um die Generali.

Die Versicherung soll laut Staatsanwaltschaft mit vermögenden deutschen Kunden "in mehr als 200 Fällen" Lebensversicherungsverträge abgeschlossen haben, bei denen es sich in Wirklichkeit um eine verschleierte Vermögensverwaltung handelte. "Auf diese Weise sollte den betreffenden Kunden ermöglicht werden, daraus erwirtschaftete Kapitalerträge nicht zu versteuern", erklärte die Ermittlungsbehörde. Die Commerzbank kooperierte mit der Versicherung, bei ihr liegen die Depots. Die Staatsanwaltschaft stellte fest, dass die Bank als Zeuge durchsucht werde. "Die Ermittlungen richten sich nicht gegen die Bank, sondern gegen einzelne Mitarbeiter eines anderen Finanzdienstleisters", teilte die Commerzbank mit.

Die Ermittlungen führt die Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität in Bochum zusammen mit dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Düsseldorf. Zusätzlich zu den 270 Fahndern sind drei Staatsanwälte aus Bochum und Zuständige der Fahndungsstellen vor Ort beteiligt. Ausgelöst wurden die Ermittlungen offenbar durch Unregelmäßigkeiten bei einer Steuererklärung im September 2013 in Nordrhein-Westfalen.

Es soll um mehrere hundert Millionen gehen

Die entsprechenden Verträge wurden ab dem Jahr 2006 durch die Commerzbank angeboten. Seit 2010 kooperiert diese nach eigenen Angaben bei Versicherungsprodukten mit der Allianz. Die Generali wollte noch keine Stellungnahme abgeben. "Wir sind noch dabei, die Faktenlage zu recherchieren", sagte ein Sprecher. Nach Informationen des Handelsblatt handelt es sich um die Generali-Tochter Generali PanEurope, die ihren Sitz in Irland hat und auf Versicherungs- und Investmentprodukte für Vermögende spezialisiert ist. Die hinterzogene Steuer könnte laut Insidern mehrere hundert Millionen Euro betragen.

Im Fachjargon heißt die Konstruktion "Lebensversicherungsmantel", weil im übertragenen Sinn der Mantel einer Lebensversicherung über eine normale Geldanlage gebreitet wird. Lebensversicherungen genießen im Vergleich zu anderen Anlageformen in Deutschland steuerliche Vorteile. So muss nur die Hälfte des Ertrags versteuert werden, wenn der Vertrag mindestens zwölf Jahre läuft und nach dem 60. Lebensjahr ausgezahlt wird.

Nach den bisherigen Erkenntnissen war die Generali-Tochter darauf spezialisiert, vor allem vermögenden Kunden Lebensversicherungsmäntel anzubieten. Das funktionierte so, dass bestehende Anlagen wie Aktien, Anleihen und Geldeinlagen weiter im Depot blieben, aber als Lebensversicherungen deklariert wurden. Möglich gewesen sein soll das ab einem Vermögen von 500.000 Euro, nicht selten aber hatten Kunden mehrere Millionen Euro auf diese Weise angelegt.

Versicherer haben kein Risiko übernommen

Lebensversicherungsmäntel waren Mitte der 2000er Jahre als Steuersparmodell beliebt bei wohlhabenden Anlegern, oft auch als Mittel, um Schwarzgeld vor dem Fiskus zu verstecken. Während bei einer normalen Lebensversicherung der Versicherer die Anlage der Kundengelder übernimmt, können bei den Mänteln die Anleger selber über ihr Depot bestimmen.

In Kreisen der Staatsanwaltschaft hieß es, die entsprechenden Verträge hätten bestimmte Merkmale von Versicherungen nicht erfüllt. So habe der Versicherer kein Risiko übernommen. Bei Lebensversicherungen ist der Versicherer typischerweise nicht nur für die Geldanlage verantwortlich, sondern übernimmt auch das Todesfallrisiko. Dafür muss der Kunde Risikobeiträge zahlen.

Mittlerweile spielen solche Lebensversicherungsmäntel, die auch als Insurance Wrapper oder Private Placement Life Insurance bekannt sind, kaum noch eine Rolle für reiche Anleger, sagte ein Vermögensverwalter, der wohlhabende Kunden berät. In der Vergangenheit seien die Produkte auch Mittelständlern angeboten worden, die mit den insolvenzsicheren Verträgen Geld vor einer drohenden Pleite zur Seite schaffen wollten.

Die Verträge kommen ursprünglich aus den USA, werden aber mittlerweile gerne aus Ländern wie Luxemburg, Irland oder Liechtenstein angeboten. Im vergangenen Jahr ermittelte die Staatsanwaltschaft in einem ähnlichen Fall bereits gegen Kunden der Schweizer Großbank Credit Suisse.

© SZ vom 04.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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