Elektromobilität:Auf der Suche nach den verschwundenen E-Autos

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Ein Tesla auf einem Waldweg nahe der Autofabrik des Unternehmens in Grünheide. (Foto: Friedrich Bungert/imago images/Future Image)

Innerhalb eines Jahres taucht jeder vierte hierzulande zugelassene Tesla nicht mehr in Deutschlands Autobestand auf. Auch Tausende E-Autos anderer Marken sind betroffen.

Von Christina Kunkel

Ob es wirklich klappt mit den 15 Millionen Elektroautos, die nach Plan der Bundesregierung bis 2030 auf deutschen Straßen fahren sollen? Derzeit sieht es eher nicht danach aus. Das liegt nicht nur daran, dass die Deutschen zu wenige Batteriefahrzeuge kaufen. Weiterer Grund ist der, dass Zehntausende Autos zwar hierzulande neu zugelassen werden - doch schon nach kurzer Zeit nicht mehr im deutschen Autobestand auftauchen. Wieso ist das so?

Autoanalyst Matthias Schmidt hat anhand von Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes ausgerechnet, wie groß die deutsche E-Auto-Lücke ist. Die Behörde hat demnach in den vergangenen zwölf Monaten rund 480 000 Elektroautos in Deutschland neu zugelassen. Doch in der gleichen Zeit hat die Zahl der E-Autos im Bestand nur um rund 390 000 Wagen zugelegt. Was ist mit den fehlenden 90 000 Fahrzeugen passiert? Schmidt erklärt es sich auch damit, dass der Hersteller Testfahrzeuge registriert und nach der Testphase wieder abmeldet. Sie würden dann zerlegt oder gar verschrottet. Doch der Anteil dürfte gering sein - selbst wenn man dies berücksichtigt, ist noch rund jedes fünfte zugelassene E-Auto nicht mehr auf deutschen Straßen unterwegs.

Schmidt hat die Zahlen seit 2012 ausgewertet, damals ging es ganz langsam los mit der Elektromobilität in Deutschland. Demnach sind seitdem rund 211 000 Elektroautos weniger im deutschen Bestand, als hierzulande zugelassen wurden. Wo sind die alle hin?

Die Erklärung ist vermutlich recht einfach: Kein anderes Land in Europa hat so hohe Förderungen für E-Autos wie Deutschland. Bis Ende 2022 waren bis zu 9000 Euro Umweltprämie drin, wenn jemand ein Fahrzeug mit Elektroantrieb neu zulässt. Dazu kam eine sehr kurze Mindesthaltedauer: Nur sechs Monate musste der Wagen auf einen Halter zugelassen sein, um die Förderung zu bekommen. Danach konnte der Besitzer das Auto einfach weiterverkaufen. Erst zum Januar 2023 wurde diese Frist auf zwölf Monate verlängert. Da zu Jahresbeginn auch die Förderbeträge gesenkt wurden, dürfte das den großen E-Auto-Exodus wohl langsam einbremsen.

Im Ausland sind E-Autos aus Deutschland günstiger als einheimische Wagen

Ansonsten lief es bisher wohl bei Zehntausenden Elektroautos wie folgt ab: Sie wurden in Deutschland gekauft und zugelassen, danach kassierte der Halter die Umweltprämie. Und nach sechs Monaten wurde der Wagen dann ins Ausland verkauft - meist sogar mit Gewinn, weil in Ländern ohne hohe Förderung die jungen Gebrauchten aus Deutschland immer noch deutlich günstiger waren als einheimische Wagen.

Besonders oft wurden deutsche E-Autos wohl nach Skandinavien verkauft. Dort ist nicht nur die Nachfrage nach Stromern besonders hoch, sondern auch der Preis. Denn anders als in Deutschland wurden E-Autos etwa in Norwegen nicht durch Prämien subventioniert, sondern Verbrenner durch hohe Zulassungskosten verteuert. Autoanalyst Schmidt kann auch diese These mit Zahlen stützen: In Dänemark gab es demnach in den vergangenen zwölf Monaten rund 30 000 Elektroautos mehr im Bestand, als dort im gleichen Zeitraum als Neuwagen zugelassen wurden. Es liegt nahe, dass ein großer Teil der zusätzlichen Batteriefahrzeuge als junge Gebrauchtwagen aus Deutschland importiert wurde.

Den größten E-Auto-Schwund gab es in den vergangenen zwölf Monaten bei Tesla: Jeder vierte in Deutschland per Umweltprämie subventionierte Tesla ist nicht mehr auf deutschen Straßen unterwegs, doch auch bei Mercedes und VW gingen jeweils rund 10 000 Autos ins Ausland. Man könnte es natürlich so sehen, dass die großzügige deutsche Förderung von einigen cleveren Autoverkäufern ausgenutzt wurde. Doch aus Umweltsicht ist es wohl unerheblich, in welchem Land das Elektroauto am Ende herumfährt.

In einer vorherigen Version des Textes hieß es an einer Stelle, jeder vierte Tesla sei noch in Deutschland unterwegs. Richtig ist: Jeder vierte Tesla ist nicht mehr in Deutschland unterwegs. Wir haben die Stelle korrigiert.

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