SZ-Wirtschaftsgipfel:"Eine diffuse Angst, die lähmt"

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Dorothee Bär ist seit vergangenem Jahr die erste Staatsministerin für Digitales. (Foto: matthiasdoering.com)
  • Dorothee Bär ist seit vergangenem Jahr die erste Staatsministerin für Digitales. Sie soll das Thema koordinieren, das Kompetenzgerangel entwirren.
  • Probleme sieht Bär vor allem in den Köpfen. Statt Begeisterungsfähigkeit gebe es in der deutschen Gesellschaft viel Angst und Pessimismus, wenn es um Digitalisierung geht.

Von Jan Schmidbauer, Berlin

Dorothee Bär möchte sich erst einmal entschuldigen. Sie müsse ihren Vortrag heute etwas früher beenden, sagt sie. "Die Chefin ruft." In den nächsten beiden Tagen werden die für Digitalthemen zuständigen Minister zu einer Klausur in Potsdam zusammenkommen. Und Angela Merkel lädt an diesem Dienstag zu einer Vorbesprechung ins Kanzleramt. Da muss Dorothee Bär pünktlich sein.

Vorher will die CSU-Politikerin dem Publikum auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel aber noch erklären, wo Deutschland bei der Digitalisierung steht - und wo das Land ihrer Ansicht nach hin soll.

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Beginnen will sie mit einer guten Nachricht. Deutschland geht es gerade ausgezeichnet, starkes Wachstum, nahezu Vollbeschäftigung, keine Krise in Sicht. Das sei zwar schön, sagt Bär. Geht es um die Digitalisierung, sei die gute Lage manchmal aber auch ein Hindernis. "Leider ist nicht das Bedürfnis da, etwas ändern zu müssen", sagt Bär. Und ändern muss sich nach Ansicht der Staatsministerin vieles - vor allem in den Köpfen.

Deutschland befindet sich noch immer im digitalen Dämmerschlaf

Die deutsche Gesellschaft, sagt sie, sei in Digitalisierungsfragen "mehltauiger als andere". Mehltau, das ist zunächst einmal etwas, das Hobbygärtner in die Verzweiflung treiben kann. Was Bär mit ihrem Bild wohl sagen will: Deutschland befindet sich noch immer im digitalen Dämmerschlaf. Und statt Begeisterungsfähigkeit gebe es viel Angst, Hysterie, Pessimismus, sagt Bär.

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Sie soll das ändern. Bär ist die erste Staatsministerin für die Digitalisierung. Ein Amt, das auch eingeführt wurde, um das Thema besser zu koordinieren. Dass es bei der Digitalisierung bislang eher schleppend vorangeht, hängt schließlich auch mit dem Kompetenzgerangel zusammen, dass es bei dem Thema bislang gibt. Wirtschaftsministerium, Justizministerium, Innenministerium - alle wollen irgendwie mitreden. Bär soll dem Ganzen nun eine große Strategie überstülpen.

Wie die konkret aussehen soll, bleibt noch vergleichsweise vage. Sie spricht vor allem über die Kultur, die sich ändern müsse. Die Einstellung zu diesem großen Zukunftsthema. Es gebe eine "diffuse Angst, die lähmt", sagt Bär. Warum etwa werde ständig darüber geredet, dass Digitalisierung und Künstliche Intelligenz Millionen Jobs zerstören könnten? Warum werde nicht auch darüber gesprochen, fragt Bär, dass Millionen Jobs geschaffen werden könnten?

Sie will aber auch nicht alles auf die Einstellung der Gesellschaft schieben. Bär sieht Versäumnisse beim Staat, bei den Behörden und Ämtern, die im internationalen Vergleich nicht gerade die digitalen Vorreiter sind. Es sei "nicht zu vermitteln, dass jedes Buch mit einem Klick gekauft werden kann, aber nicht die Dienstleistung vom Staat", sagt Bär. Das müsse sich ändern. Sicher ist: Das wird eine Menge Arbeit. Insgesamt, sagt die Ministerin, müssten noch 575 Verwaltungsdienstleistungen digitalisiert werden.

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