Wer seinen Personalausweis etwas bewegt und das richtige Licht hat, sieht neben dem Foto das Bild noch einmal als Hologramm. Das ist eines von 23 Sicherheitsmerkmalen. Es sind diese feinen Details, die eine Online-Authentifizierung bislang schwierig machen - kaum eine Software kann sie lesen.
In der Corona-Krise war das für die Gewährung der staatlichen Soforthilfen hinderlich, weil die Identität der Antragssteller nur schwer digital nachgewiesen werden konnte. Die Hamburger Investitions- und Förderbank (IFB) fand eine Lösung: Das Start-up Nect kann mithilfe künstlicher Intelligenz Ausweispapiere auf Echtheit prüfen. Das dauert zwei Minuten, die Software findet Abweichungen, die man mit bloßem Auge kaum erkennen kann, erklärt Nect-Gründer und Chef Benny Bennet Jürgens. So hat die Software bei einem Betrugsfall eine Abweichung im Druckmuster der Mikroschriften auf dem Ausweis festgestellt, die unter anderem oben links im Ausweis stehen.
Die IFB bearbeitet inzwischen mehr als 90 Prozent aller Anträge mit dieser Technologie, der Rest sind Sonderfälle. Das ist ein Ritterschlag für Nect. Rund 80 Versicherer und Krankenkassen nutzen die Software ebenfalls. Deshalb gehört die Firma zu den wenigen Start-ups, die in der Krise frisches Geld bei Investoren einsammeln konnten.
Die Krise als Chance für die Digitalisierung
Führender Investor in dieser Runde ist Alstin Capital, der Risikokapitalfonds von Carsten Maschmeyer. Er hat einen "mittleren siebenstelligen Betrag" investiert, das dürften also rund fünf Millionen Euro sein. Maschmeyer war einst Chef des Strukturvertriebs AWD, der für seine rabiaten Verkaufsmethoden bekannt war. Inzwischen ist er hauptberuflich Investor, wenn er nicht gerade in einer Fernseh-Gründershow sitzt.
Die Corona-Krise gibt der Digitalisierung der Versicherungswirtschaft einen gewaltigen Schub, glaubt Maschmeyer. "Traditionelle Versicherer können nicht mehr glauben, dass das irgendwie so weitergeht", sagt er. Die Kunden wollten künftig kontaktlos zuhause bedient werden. "Dafür sind sehr viele digitale und vollautomatische Prozesse nötig." Traditionellen Gesellschaften sollten neue Entwicklungen von Start-ups nutzen.
Nect gehört zu einer Reihe von Versicherungs-Neugründungen und Dienstleistern, an denen Maschmeyer beteiligt ist. Nicht alle Start-ups werden die Krise überleben. "Sie müssen wie jeder normale Mensch Kosten runterfahren, wenn es finanziell enger wird", sagt er. Sie sollten das Geschäftsmodell überdenken, um zusätzlich Umsatz zu generieren. Sie können auch mit Investoren reden. "Aber da müssen die Unternehmen realistisch sein", mahnt er. "Die Bewertungen sind gesunken."