Audi-Prozess:Letzte Worte in Stadelheim

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Lange ist's her: Ex-Audi-Chef Rupert Stadler am ersten Verhandlungstag im Münchner Diesel-Prozess am 30. September 2020. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Im Strafprozess um manipulierte Diesel-Abgaswerte haben die Verteidiger noch einmal das Wort. Wirklich traurig ist niemand. Wirklich zufrieden aber auch nicht.

Von Stephan Radomsky

Es werden letzte Worte gesprochen, die meisten Anwesenden tragen Schwarz. Aber so richtig traurig ist wohl keiner im Hochsicherheits-Gerichtssaal unter der JVA Stadelheim. Eher erleichtert. Denn im zähen Strafverfahren um den Abgasskandal beim Luxushersteller Audi haben am Dienstag die Verteidiger von Ex-Audi-Chef Rupert Stadler, Wolfgang Hatz, dem damaligen Chef der Motorenentwicklung und späteren Porsche-Vorstand, sowie dem früheren Ingenieur Giovanni P. ihre Plädoyers gehalten. Es ist der vorletzte Tag in einem Prozess, das über fast drei Jahre und mehr als 170 Sitzungen hinweg versuchte zu ergründen, wie es zum Betrug kommen konnte mit den manipulierten Abgaswerten von Dieselmotoren - und wer dafür die Verantwortung trägt. In der kommenden Woche will das Gericht sein Urteil sprechen.

Es geht in dem Verfahren, so hatte es Staatsanwalt Nico Petzka vergangene Woche ausgeführt, um einen geschätzten Gesamtschaden von gut 2,2, Milliarden Euro. Petzka zufolge hätten die drei Angeklagten diesen Schaden mit den Verkäufen frisierter Sechs- und Achtzylinder in den USA und Deutschland zu verantworten. Ende März hatte der Vorsitzende Richter Stefan Weickert dazu ein Angebot gemacht: Geständnisse und Geldauflagen aller Angeklagter im Gegenzug für Bewährungsstrafen zwischen anderthalb und zwei Jahren plus Geldauflagen. Ansonsten wohl Gefängnis. Ein Deal, auf den schließlich alle einstiegen - im Fall von Stadler und Giovanni P. auch die Staatsanwaltschaft. Weil sie geständig seien, fordert sie nun jeweils zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung.

Hatz dagegen soll nach dem Willen der Anklage für drei Jahre und zwei Monate in Haft. Eine Strafe, die Hatz' Anwalt Gerson Trüg für zu hoch hält. Die Beweislage werde von der Anklage "nicht genügend zur Kenntnis genommen". Trüg betont zudem das Geständnis seines Mandanten und dessen Wert: Es verdiene "das Prädikat besonders wertvoll". Die Anklageschrift dagegen sei "ein halbfertiges Erzeugnis" gewesen. Dennoch: "Das Geständnis steht und es bleibt stehen." Ein Hinweis, mit dem Trüg offenbar noch einmal auf das Gericht einwirken will, auch gegen den Willen der Staatsanwaltschaft eine Bewährungsstrafe für Hatz zu verhängen.

Bereits am Vormittag melden sich die Verteidiger von Giovanni P. ausführlich zu Wort. Der Ingenieur war einst als Abteilungsleiter an der Entwicklung der manipulierten Diesel beteiligt, allerdings zwei Hierarchiestufen unter Hatz und noch weiter unter Stadler. "Herr P. wurde von seinem Arbeitgeber zum Bauernopfer gemacht - und ist es bis heute", sagt sein Anwalt Klaus Schroth. Und sein Kollege Walter Lechner ergänzt, sein Mandant sei "im großen Getriebe" von Audi und VW "nur ein Rädchen" gewesen. Und angesichts von Jobverlust und hohen Anwalts- und Prozesskosten sehe für ihn nun "alles nach einer Insolvenz aus". Die anderen beiden Angeklagten, so Lechner, bezahlten ihre Strafe dagegen wohl "aus der Westentasche".

Vergleichsweise kurz fasst sich am Ende Stadlers Anwalt Thilo Pfordte. Die Staatsanwaltschaft habe im Prozess "drei Gänge zurückgeschaltet", das begrüße er, und das habe auch die Verständigung erleichtert. Wunschlos zufrieden ist aber auch Pfordte nicht: Er stört sich vor allem an den 69 Millionen Euro Schaden, den Stadler laut Staatsanwaltschaft verantwortet haben soll. Auch habe er eine "exponierte, aber nicht die alleinige Entscheidungs-Verantwortung" gehabt.

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