Tarifrunde:Nächster Warnstreik bei der Bahn steht bevor

Lesezeit: 3 min

Bald dürften wieder Züge in Deutschland stillstehen. (Foto: Christoph Hardt/Imago/Future Image)

Voraussichtlich für Freitag plant die Eisenbahngewerkschaft EVG neue Arbeitsniederlegungen. Und auch an drei Flughäfen müssen Passagiere mit Problemen rechnen.

Von Benedikt Peters

Der nächste Warnstreik bei der Deutschen Bahn steht kurz bevor. In den kommenden Tagen würden die Beschäftigten ihre Arbeit niederlegen, heißt es aus Kreisen der Bahngewerkschaft EVG. Die Nachrichtenagenturen Reuters und dpa meldeten übereinstimmend, dass am Freitag gestreikt werde, voraussichtlich am frühen Morgen und Vormittag. Auf einer Pressekonferenz am Mittwochmorgen will die EVG die Streikpläne vorstellen, auch die Bahn hat zu einer Pressekonferenz geladen.

Hintergrund des bevorstehenden Warnstreiks ist die stockende Tarifrunde, in der die EVG mit etwa 50 Zugunternehmen verhandelt, allen voran mit der Deutschen Bahn. Die Gewerkschafter fordern zwölf Prozent mehr Geld, mindestens aber 650 Euro brutto mehr im Monat. Gelten soll der neue Tarifvertrag nach ihrer Vorstellung für ein Jahr. Für Niedrigverdiener wie Reinigungskräfte oder das Bahn-Sicherheitspersonal entsprächen die Forderungen einer Gehaltserhöhung von mehr als 25 Prozent. Die EVG verhandelt für 230 000 Beschäftigte, 180 000 davon sind bei der Bahn angestellt.

SZ PlusMeinungUnternehmen
:Das Land der 700 000 000 unbezahlten Überstunden

Die Arbeitszeit soll künftig nicht nur im Vertrag stehen. Sondern sie soll sogar gelten. Das sieht ein Plan von Minister Hubertus Heil vor. Endlich.

Kommentar von Roland Preuß

Das Verhandlungsklima zwischen Bahn und Gewerkschaft ist angespannt. Mit einem groß angelegten Verkehrsstreik hatten die EVG und Verdi bereits Ende März den Fern- und Nahverkehr in Deutschland für einen Tag weitgehend lahmgelegt. Zur Begründung hieß es, das Bahn-Management habe bis dahin nicht ernsthaft verhandelt. Nach einigem Zögern hatte die Bahn zunächst fünf Prozent mehr Lohn und eine Inflationsprämie von 2500 Euro angeboten, die Laufzeit des Tarifvertrags hätte 27 Monate betragen sollen. Der EVG war das deutlich zu wenig.

Auf Arbeitgeberseite wiederum ärgerte man sich nicht nur über den heftigen Warnstreik, sondern auch darüber, dass die EVG den nächsten Verhandlungstermin mit der Bahn - dafür ist der 25. April angesetzt - nicht vorziehen wollte. "Jetzt streiken und dann vier Wochen lang nicht verhandeln, das kann nicht der Ernst der Gewerkschaft sein", sagte Personalvorstand Martin Seiler.

In dieser Woche dann gab es bei der EVG einige Aufregung um einen neuen Vorstoß Seilers. Am Samstag war der Schlichtervorschlag für den öffentlichen Dienst bekannt geworden: Die Kommission empfiehlt Gewerkschaftern und Arbeitgebern in dieser Branche einen Abschluss über zwei Jahre: Im ersten Jahr soll es demnach eine Inflationsprämie von 3000 Euro geben, im zweiten Jahr Lohnerhöhungen von durchschnittlich etwa elf Prozent. Seiler sagte, der Bahn schwebe ein Abschluss vor, der "bahnspezifisch" sein solle und sich "am Volumen des öffentlichen Dienstes orientiert".

Gewerkschaften verweisen auf Zurückhaltung während Corona-Zeit

Die Chefverhandler der EVG, Kristian Loroch und Cosima Ingenschay, wiesen das jedoch vehement zurück. Insbesondere die Idee einer Inflationsprämie sehen sie kritisch, sie verlangen stattdessen eine schnelle, klassische Gehaltserhöhung. Loroch sprach von einer "Provokation", Ingenschay sagte: "Wir wollen keine Laufzeiten von 24 Monaten oder länger, wir wollen auch keinen Inflationsausgleich. Wir wollen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen dauerhaft mehr Geld haben."

Ihre hohen Forderungen begründen die Gewerkschafter einerseits mit der Inflation, die seit Beginn des Kriegs in der Ukraine stark gestiegen ist. Andererseits verweisen sie darauf, in den Corona-Jahren, als die Züge leer waren, aus wirtschaftlicher Verantwortung Zurückhaltung geübt zu haben. Die Lohnverluste müssten nun nachgeholt werden.

Dass es bei den Verhandlungen vom 25. April an eine Einigung gibt, scheint angesichts der weit auseinanderliegenden Positionen unwahrscheinlich. Und selbst wenn, müssten sich die Bahnkunden wohl auf eine eher kurze Streikpause einstellen. Im Oktober läuft der Tarifvertrag mit der als besonders kämpferisch geltenden Lokführergewerkschaft GDL aus.

Auch Flughäfen werden wieder bestreikt

Ebenfalls auf Einschränkungen einstellen müssen sich Reisende in dieser Woche noch an den Flughäfen Düsseldorf, Hamburg und Köln/Bonn. Die Gewerkschaft Verdi rief für Donnerstag und Freitag die Beschäftigten im Luftsicherheitsbereich, in der Fluggastkontrolle, der Personal- und Warenkontrolle und in Servicebereichen zu ganztägigen Warnstreiks auf. "Es ist im Zusammenhang mit dem Streik mit längeren Wartezeiten bis hin zu Flugausfällen oder -streichungen zu rechnen", warnte Verdi. Der Hamburger Flughafen kündigte an, dass wegen des Warnstreiks am Donnerstag und Freitag alle Abflüge gestrichen würden. Landungen seien zwar weiter möglich, allerdings drohten auch hier Flugstreichungen und Verspätungen.

Im Tarifkonflikt zwischen Verdi und dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) geht es um die Zeitzuschläge für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit sowie eine bessere Entlohnung von Überstunden. Ein schriftliches Angebot des BDLS sei unzureichend, hieß es von Verdi.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusÖffentlicher Dienst
:"Da kann Verdi eigentlich nicht Nein sagen"

Gelingt im großen Tarifstreit um Erzieherinnen und Müllwerker nun ein Deal? Ökonomen erwarten in den kommenden Jahren in Deutschland härtere Lohnrunden - und mehr Streiks.

Von Alexander Hagelüken

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: