Handel:Cosco darf beim Hamburger Containerterminal einsteigen

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Das Containerschiff "Cosco Pride" im Hamburger Hafen. (Foto: AXEL HEIMKEN/AFP)

Über den Deal war ein heftiger Streit in der Bundesregierung entbrannt, das Terminal wurde als kritische Infrastruktur eingestuft. Nun hat sich Bundeskanzler Scholz gegen die Bedenken der Grünen offenbar durchgesetzt.

Von Juri Auel

Der chinesische Staatskonzern Cosco darf wie zuletzt vorgesehen 24,99 Prozent der Anteile am Hamburger Containerterminal Tollerort erwerben. Das teilte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, mit.

Cosco wollte ursprünglich 35 Prozent der Betriebsgesellschaft der Container Terminal Tollerort GmbH übernehmen und das Terminal im Gegenzug zum bevorzugten Umschlagplatz in Europa aufwerten. In der Bundesregierung war jedoch ein heftiger politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Das Kabinett beschloss im vergangenen Oktober eine sogenannte Teiluntersagung, die nur einen Anteilserwerb von Cosco weniger als 25 Prozent zulässt. Ein weitergehender Erwerb oberhalb dieses Schwellenwerts wurde untersagt.

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Die Bundesregierung stuft das Container-Terminal Tollerort nun doch als kritische Infrastruktur ein. Der geplante Einstieg des Cosco-Konzerns steht damit wieder infrage. In der Koalition ist der Deal ohnehin umstritten.

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Wie SZ, NDR und WDR im April berichteten, stand jedoch selbst die reduzierte Beteiligung zuletzt auf der Kippe. Das beim Bundesinnenministerium angesiedelte Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) war überraschend zu dem Schluss gekommen, dass es sich beim Terminal Tollerort doch um kritische Infrastruktur handelt, es also als besonders schützenswert gilt. Das war eine Kehrtwende im Vergleich zu den bis dahin bekannten Einschätzungen.

Der Sprecher der Bundesregierung ging auf die Risikobewertung in seiner Mitteilung über die jetzige Entscheidung indirekt ein. Der Containerterminal Tollerort gelte inzwischen als "Betreiber von kritischer Infrastruktur gemäß den gesetzlichen Vorgaben". Sprecher Hebestreit weiter: "Eine Abänderung der Kabinettsentscheidung vom 31. Oktober 2022, die die Veräußerung auf unter 25 Prozent begrenzte, erfolgt nicht. Die Teiluntersagung von Herbst 2022 bleibt damit rechtsgültig."

"Alle Fragen im Rahmen des Investitionsprüfverfahrens konnten gemeinsam in intensiven, konstruktiven Gesprächen geklärt werden", betonte die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Die Bundesregierung bestätigte nach eigenen Angaben in einem Schreiben, "dass die überarbeiteten Kaufverträge im Einklang mit den Bedingungen der Teiluntersagung stehen".

Nun könne die HHLA den Terminal zu einem bevorzugten Umschlagpunkt des langjährigen HHLA-Kunden Cosco ausbauen, wo Ladungsströme zwischen Asien und Europa konzentriert würden, erklärte die HHLA. China ist nach HHLA-Angaben derzeit der größte Handelspartner Deutschlands und des Hamburger Hafens. Rund 30 Prozent der Waren, die im Hamburger Hafen umgeschlagen würden, kämen aus China oder gingen dorthin. Die Minderheitsbeteiligung sichere damit Beschäftigung und stärke Hamburgs nationale und internationale Bedeutung als Logistikstandort sowie die Industrienation Deutschland. Insgesamt hingen rund 1,35 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland von den Häfen ab.

Scholz gegen grüne Minister

Kann man China erlauben, in kritische Infrastruktur in Deutschland zu investieren? An dieser Frage hatte sich im Oktober ein Regierungsstreit entzündet. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte den Deal kurz vor seiner Abwicklung mit der Warnung vor neuen Abhängigkeiten kritisiert. Ebenso Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), doch Kanzler Olaf Scholz (SPD) wollte ihn durchsetzen - gegen das Votum von sechs Fachministerien.

Als ehemaliger Erster Bürgermeister von Hamburg weiß Scholz um die Wünsche und Nöte des Hafens, dieser ist im Konkurrenzkampf mit Antwerpen und Rotterdam zuletzt ins Hintertreffen geraten. Die HHLA will deshalb Cosco eine Minderheitsbeteiligung am kleinsten der vier Hamburger Terminals verkaufen - und sich im Umkehrschluss Ladungen aus China sichern.

Nach Recherchen von SZ, NDR und WDR soll es in der Vergangenheit mehrfach Schwierigkeiten beim Informationsaustausch zwischen BSI und HHLA gegeben haben, was eine Bewertung des Containerterminals erschwerte. In Berliner Regierungskreisen hat das offenbar bereits im vergangenen Jahr für Unmut gesorgt.

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