Das Statistische Bundesamt schätzt alle drei Monate, wie die Wirtschaft denn so gelaufen ist. Die amtlichen Statistiker stützen sich auf diverse Daten, vieles müssen sie auch hochrechnen. Wenige Wochen später ergänzen sie diese Schätzung, und in normalen Zeiten ändert sich dann vielleicht mal das Wachstum in der zweiten Kommastelle. Doch 2020 ist kein normales Jahr. Die Wirtschaft ist im Shutdown-Quartal, also in den Monaten April, Mai und Juni, eingebrochen - und zwar um 9,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt nun bekannt gab, nicht wie zuerst geschätzt um 10,1 Prozent. Auch in Wiesbaden, wo das Amt sitzt, ist die Welt gerade nicht normal - aber immerhin eben etwas besser als gedacht.
Diese kleine Korrektur zugunsten der Konjunktur wirkt ein wenig optimistisch und passt daher ziemlich gut zur derzeitigen Lage der Wirtschaft. Ja, die Corona-Krise ist verheerend, der ökonomische Schaden groß, jeder verlorene Arbeitsplatz ist einer zu viel. Aber insgesamt ist Deutschland bislang überraschend resilient durch die Krise gekommen. Viele Firmen haben sich kreative Hygienekonzepte überlegt, die ihre Angestellten und Kundschaft schützen - und ihnen trotzdem erlauben, Geld zu verdienen.
Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal:So groß ist der Corona-Schaden
Die Pandemie hat die deutsche Wirtschaft heftig getroffen. Nun zeigen amtliche Daten, wie schlimm die vergangenen Monate waren. Die Zahlen lehren auch ein neues Verständnis der Covid-19-Krise.
Auch die Politik hat sich, unter den widrigen Umständen, gut geschlagen. Die Bundesregierung hat viele Milliarden Euro mobilisiert, um die Krise zu lindern. Auch das zeigen die amtlichen Daten deutlich. Obwohl die Wirtschaftsleistung insgesamt um fast zehn Prozent gefallen ist, sind die Gehälter netto nur um rund vier Prozent gefallen. Diese Lücke erklärt sich vor allem durch das Kurzarbeitergeld. Jede Milliarde hier war gut investiert, weil sich die Menschen und Unternehmen so sicherer fühlten.
Alle Einkommen insgesamt, dazu gehören etwa auch staatliche Transferzahlungen, sind im zweiten Quartal nicht mal um ein Prozent gefallen. Der Sozialstaat hat die heftige Corona-Krise mit solcher Macht ausgebremst, dass sie auf den Konten der Bürgerinnen und Bürger kaum zu spüren ist, natürlich im Durchschnitt betrachtet.
Wer die Wirtschaft schützen will, muss die Gesundheit schützen
Die neuen Wirtschaftsdaten zeigen zudem, dass die Strategie richtig ist, dass der Keim und die Konjunktur zusammen bedacht werden müssen. Wer die Wirtschaft schützen will, muss die Gesundheit schützen. Angst geht nicht einkaufen, da ist es egal, ob es sich um Angst vor einer Ansteckung oder vor Arbeitslosigkeit handelt. Viele Menschen haben im April, Mai und Juni so viel gespart wie noch nie, was der Handel zu spüren bekommen hat, vor allem die Möbelindustrie und die Autohäuser. Aber auch in diesem Punkt steckt eine optimistische Botschaft: Die privaten Haushalte haben finanzielle Reserven, die sie auch ausgeben können - und werden.
Um die Krise weiter einzudämmen, wird der Staat weitere Milliarden ausgeben müssen, für die Kurzarbeit, für die Überbrückungshilfen für die Unternehmen. Spielraum dafür ist weiterhin locker vorhanden. Gerade erst hat die Bundesrepublik für 30 Jahre einen Kredit an den Finanzmärkten aufgenommen - und zahlt dafür Negativzinsen. Die Finanzmärkte vertrauen Deutschland also so sehr, dass sie dem Staat Geld schenken. Die Profis an den Finanzmärkten gehen davon aus, dass Deutschland 2050 eine starke Volkswirtschaft sein wird. Eine wohltuende Perspektive nach diesen brutalen Quartalszahlen - und eine sehr wahrscheinliche.