Corona-Folgen:Tunnelzug Eurostar wendet Pleite ab

Lesezeit: 1 min

Wegen der Corona-Auflagen hat der Hochgeschwindigkeitszug Eurostar kaum mehr Fahrgäste. (Foto: BENOIT TESSIER/REUTERS)

Nur dank Notkrediten der Banken kann der Hochgeschwindigkeitszug, der London mit Kontinentaleuropa verbindet, weiterhin fahren. Großbritannien und Frankreich dagegen verweigern Hilfe.

Von Leo Klimm, Paris

Rettung in höchster Not: Der Tunnelzug Eurostar, der Großbritannien mit dem europäischen Festland verbindet, ist vor der Pleite bewahrt. Die Betreiberfirma erhält nach eigenen Angaben dringend benötigtes frisches Geld im Umfang von 290 Millionen Euro - im Wesentlichen Bankkredite.

Dem Hochgeschwindigkeitszug drohte noch im Mai die Insolvenz. Wegen der Corona-Reiseauflagen hat er kaum mehr Fahrgäste, die Einnahmen bleiben weg. Zurzeit fährt pro Tag nur noch ein Zug durch den Ärmelkanal-Tunnel von London nach Paris und wieder zurück; ein weiterer bedient Brüssel und Amsterdam. Vor der Pandemie waren es täglich etwa 50 Hin- und Rückfahrten.

SZ PlusMeinungMessenger-Dienste
:Gegen Telegram hilft nur eines: die App löschen

Viele Menschen nutzen den Messengerdienst, weil sie Angst haben, auf Whatsapp überwacht zu werden. Dabei ist Telegram schlimmer. Viel schlimmer.

Kommentar von Philipp Bovermann

Zugleich verweigern sowohl Großbritannien als auch Frankreich direkte Staatshilfen oder Kreditbürgschaften - während sie andere Corona-geprüfte Verkehrsanbieter großzügig unterstützen. Beim Eurostar, einst als konkreter Beitrag zur europäischen Einigung gefeiert, offenbaren London und Paris nach dem EU-Austritt Großbritanniens geradezu kleinstaaterisches Denken: Obwohl die Firma ihren Sitz in London hat, versagt die britische Regierung jegliche Hilfe unter Hinweis darauf, dass der Mehrheitsaktionär in Frankreich ansässig sei. Tatsächlich handelt es sich hier um die französische Bahn SNCF. Die Regierung in Paris wiederum stellte zwar im Winter, als die Pleitegefahr akut wurde, Rettung in Aussicht. Doch auch daraus wurde nichts. "Die Katastrophe ist möglich", hatte Eurostar-Chef Jacques Damas damals gewarnt.

Das Geld schwindet schnell

Jetzt hat sich Damas ohne die Regierungen beholfen und neue Darlehen erhalten. Großbritannien bleibt damit - zunächst jedenfalls - mit dem Zug erreichbar. Vor einem halben Jahr hatte Eurostar schon einmal hastig 450 Millionen Euro aufgenommen sowie 210 Millionen Euro an frischem Kapital von den Aktionären bekommen, zu denen auch die belgische Bahn sowie britische und kanadische Fonds zählen. Dieses Geld ist bereits aufgebraucht.

Ohne grundlegende Besserung der Geschäftslage könnte auch die neue Finanzierungsrunde die Pleite nur hinauszögern anstatt sie abzuwenden. Eurstar-Chef Damas möchte daher erreichen, dass ihm London und Paris demnächst wenigstens durch "kontrollierte Lockerungen der Reisebeschränkungen" entgegenkommen. Ein wenig Grund zur Hoffnung gibt es für ihn schon: Von Ende Mai an fährt der Eurostar zweimal täglich hin und zurück. Ende Juni steigt die Frequenz auf drei Hin- und Rückreisen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: