Kaiserslautern:Rechner statt Rasenplatz: E-Sport wird populärer

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Mainz/Berlin (dpa/lrs) - Konsole und Computer statt Rasenplatz und Tartanbahn - E-Sport wird auch in Rheinland-Pfalz immer populärer. Deutschlandweit füllen Events mittlerweile ganze Stadien, auch Proficlubs aus dem herkömmlichen Sport entdecken das Potenzial. Die Meinungen über E-Sport gehen weit auseinander. Manche sehen eine Chance, wieder mehr junge Menschen in Vereine zu locken - andere betrachten zumindest einige Konsolen- oder Computerspiele skeptisch.

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Mainz/Berlin (dpa/lrs) - Konsole und Computer statt Rasenplatz und Tartanbahn - E-Sport wird auch in Rheinland-Pfalz immer populärer. Deutschlandweit füllen Events mittlerweile ganze Stadien, auch Proficlubs aus dem herkömmlichen Sport entdecken das Potenzial. Die Meinungen über E-Sport gehen weit auseinander. Manche sehen eine Chance, wieder mehr junge Menschen in Vereine zu locken - andere betrachten zumindest einige Konsolen- oder Computerspiele skeptisch.

Grob umschrieben meint E-Sport das wettkampfmäßige Spielen von Video- oder Computerspielen. Das können Sport-, Strategie- oder sogenannte Shooterspiele sein. Es kommt in der Regel auf schnelle Reaktionen, strategische Überlegungen und Ausdauer an. Klar ist: Dem E-Sport wird eine große Zukunft vorhergesagt. Der Chef des Computerzubehör-Herstellers Logitech, Bracken Darrell, glaubt gar an eine olympische Zukunft. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er kürzlich: „Ich glaube daran, dass es der größte Sport der Welt wird.“

Das Beratungshaus PwC sieht im E-Sport einen enormen Wirtschaftsfaktor. 2017 habe die Branche in Deutschland 51 Millionen Euro umgesetzt. Bis 2022 werden sich Prognosen zufolge die Erlöse auf knapp 129 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Das Beratungshaus Deloitte geht gar von 130 Millionen Euro bereits bis 2020 aus.

Und was passiert hierzulande? Vieles geschieht außerhalb der Strukturen herkömmlicher Vereine. Aus Koblenz kommt etwa das durchaus erfolgreiche Team Leisure, das auch bei internationalen Wettbewerben antritt und schon Siege auf führenden E-Sport-Plattformen errungen hat.

Die größten rheinland-pfälzischen Fußballvereine sind - anders als Clubs aus anderen Bundesländern - noch nicht in erster Reihe im E-Sport aktiv. Nichtsdestotrotz zeigen sie sich interessiert. Der Bundesligist FSV Mainz 05 ging im vergangenen Jahr erste Schritte, richtete ein Qualifikationsturnier aus und schickte zwei Starter für die TAG Heuer Virtuelle Bundesliga. „Nach wie vor betrachten wir das Thema grundsätzlich mit großem Interesse und beschäftigen uns auch weiterhin damit“, teilte Clubvertreter Tobias Rinauer mit.

Beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern heißt es, man beobachte das Thema genau. Man beschäftige sich mit den Möglichkeiten, die es für Vereine gebe, teilte Sprecher Stefan Roßkopf mit. „In der aktuellen Situation liegen unsere Schwerpunkte jedoch bei anderen Themen. Die Einrichtung einer E-Sport-Abteilung ist ein größeres Projekt, das zunächst wirtschaftlichen und personellen Einsatz fordert.“

Der Landessportbund bilanziert, bislang habe sich keine nennenswerte E-Sport-Szene entwickelt. Nichtsdestotrotz gründete der Verband im Frühjahr eine Arbeitsgruppe zum Thema. Es gehe etwa um die Frage, ob E-Sport unter dem Dach des organisierten Sports eine Heimat finden könne, sagt Christof Palm, Sprecher der LSB-Geschäftsführung. Mittelfristiges Ziel sei der Entwurf eines Positionspapiers, das im Präsidium diskutiert und als offizielle Haltung veröffentlicht wird.

Wie Vereinsstrukturen und E-Sport zusammengehen können, beschäftigt auch den eSport-Bund Deutschland mit Sitz in Berlin. Präsident Hans Jagnow sagte: „Spielerzusammenschlüsse geschehen oft noch ad hoc und online und sind häufig nur vorübergehend.“ Es gebe seit ein, zwei Jahren aber auch die Tendenz, sich in lokalen Vereinen zu organisieren. Es gebe bundesweit schon mehr als 100 Breitensportvereine. „Das fördern wir als Verband auch aktiv.“

Es sei wichtig, die Zusammenarbeit mit herkömmlichen Sportvereinen auszubauen, betonte Jagnow. „Wir sehen die Zukunft in den Vereinen, ob als E-Sport-Vereine oder als E-Sport-Abteilung im traditionellen Sport.“ Auch er bestätigt, dass immer mehr Proficlubs aus Fußball, Basketball oder Eishockey den E-Sport entdecken.

Auch der Landessportbund verschließt sich nicht. Es sei klar, mit der Digitalisierung der Gesellschaft ändere sich auch das Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen. „Mit Blick darauf gehen wir davon aus, dass sich Formen von E-Sport langfristig etablieren werden.“ Wichtig sei eine differenzierte Betrachtung.

Da seien auf der einen Seite Sport-Simulationsspiele und digital unterstützte sportähnliche Sportdisziplinen wie zum Beispiel Drohnen-Rennen mit Virtual-Reality-Brillen oder Zwift, eine Art virtuelle Welt für Lauf- und Radsport. Auf der anderen Seite gebe es aber auch Ego-Shooter-Spiele, bei denen es um das Töten oder Ausschalten des Gegners gehe. „Diese brutale und explizite Darstellung von Tötungsgewalt wird mit den ethischen Werten des LSB und seiner Satzung niemals vereinbar sein“, sagte Palm.

Dem entgegnet Verbandsvertreter Jagnow: „E-Sport ist eine Abstraktion. Wir sprechen hier nicht über reale Gewalt.“ Ähnliches finde sich im traditionellen Sport, etwa beim Fechten, Boxen oder im Schießsport. „Ich würde dafür werben, genauer hinzuschauen.“ Auch im E-Sport sei Fitness wichtig. „Es gibt mittlerweile weniger Vorbehalte gegen E-Sport-Spieler.“ Jagnow glaubt, dass E-Sport Vereinen helfen kann, sich personell zu modernisieren. Es könne auch beim Sponsoring helfen, Vereine würden so attraktiver für Elektronik- oder IT-Firmen.

Dem LSB ist noch etwas ein Dorn im Auge. Während die mehr als 6100 rheinland-pfälzischen Sportvereine gemeinnützig seien, werde die E-Sport-Szene weltweit und auch in Deutschland von wenigen - gewinnmaximiert ausgerichteten - Unternehmen dominiert. Dass Ligen, Teams, Regelwerke und Nutzungslizenzen nicht von einem Verband, sondern Spieleentwicklern und -herausgebern gesteuert würden, spreche für die überwiegend kommerzielle Ausrichtung der Szene.

In einem Papier des eSport-Bundes heißt es indes, neben dem Leistungsbereich habe sich im E-Sport eine „neue Bewegung in der Breite“ entwickelt - mit Wettkämpfen auf unkommerzieller Basis, Trainingsbetrieb und Vereinsleben. Wichtig für Jagnow wäre es, E-Sport als Sport und seine Gemeinnützigkeit endlich anzuerkennen.

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