Chipindustrie:Infineon baut in Malaysia

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Produzieren in der Krise: Reinraum in der Infineon-Chipfabrik in Villach/Österreich. (Foto: -/picture alliance/dpa/Infineon)

Der Münchner Chipkonzern plant für mehr als zwei Milliarden Euro eine neue Fabrik in Asien, um des Mangels an Chips Herr zu werden. Doch es gibt auch Mahnungen zu mehr Vorsicht.

Von Caspar Busse

Es ist die erste wichtige Entscheidung von Jochen Hanebeck. Der 53-Jährige wird im April von Reinhard Ploss die Führung des Münchner Chipunternehmens Infineon übernehmen. An diesem Donnerstag gab der künftige Vorstandsvorsitzende bekannt, dass in Malaysia eine neue Halbleiterfabrik für mehr als zwei Milliarden Euro gebaut werden soll. Infineon bereite sich damit auf das beschleunigte Wachstum des Markts vor, sagte Hanebeck. Produziert werden sollen sogenannte Verbindungshalbleiter, die auf Basis der neu verwendeten Materialen Siliziumkarbid und Galliumnitrid hergestellt werden. Die Chips werden vor allem für erneuerbare Energien und Elektromobilität gebraucht.

Halbleiter sind derzeit weltweit sehr knapp. Viele Industriezweige müssen ihre Produktion zurückfahren, weil Chips fehlen. Betroffen ist unter anderem die Autoindustrie - und Infineon ist der weltweit größte Halbleiterlieferant für die Autobranche. Gerade erst hatte VW mitgeteilt, dass die unzureichende Belieferung mit Elektronik dazu geführt habe, dass 2021 in Wolfsburg rund 330 000 Autos nicht gebaut werden konnten. Die weniger als 400 000 noch am Stammsitz produzierten Wagen bedeuten eine Stückzahl wie zuletzt 1958. Der überwiegende Teil der Nachtschichten soll hier bald gestrichen werden. Innerhalb des VW-Konzerns erhalten etwa Audi oder Porsche mehr Halbleiter, weil dort höherpreisige und margenträchtigere Fahrzeuge produziert werden.

Infineon - der größte Chipkonzern mit Hauptsitz in Europa - will bei Siliziumkarbid und Galliumnitrid Marktführer sein. Die beiden Materialien gelten als Zukunftstechnologie etwa bei der Steuerung des Stromverbrauchs unter anderem in Elektroautos oder Ladestationen. Galliumnitrid könne etwa Energieverluste beim Laden verringern, sagte der scheidende Chef Ploss bei der virtuellen Hauptversammlung. Das neue Werk soll bereits in der zweiten Jahreshälfte 2024 den Betrieb aufnehmen, bei voller Auslastung werde es für zwei Milliarden Euro zusätzlichen Jahresumsatz sorgen. In Kulim in Malaysia unterhalten die Münchner bereits zwei große Fertigungsanlagen.

Reinhard Ploss ist nur noch bis Ende März Infineon-Chef, dann geht er in den Ruhestand. (Foto: Johannes Simon)

Erst im vergangenen September hatte Infineon im österreichischen Villach ein neues Werk eröffnet und dort rund 1,6 Milliarden Euro investiert. Die neue Fertigung kam angesichts der weltweiten Lieferengpässe genau zum richtigen Zeitpunkt. Auch die Preise für Halbleiter stiegen zuletzt, Infineon konnte bei Umsatz und Gewinn von der Chipkrise profitieren. Weltweit werden derzeit neue Halbleiterfabriken geplant, dafür sollen Milliarden ausgegeben werden. Die EU-Kommission will zudem Anreize geben, dass wieder mehr Halbleiter in Europa gefertigt werden und die Abhängigkeit von Herstellern aus den USA und aus Asien reduziert wird.

Manche fürchten, dass die Chip-Party schon bald wieder vorbei ist

Doch es gibt auch Warnungen. Einige Investoren fürchten, dass so bald Überkapazitäten entstehen, was sich dann negativ auf die Geschäfte der Chipindustrie auswirken würde. Dieser sogenannte Schweinezyklus - massenweise Investitionen bei Knappheit und eine daraus resultierende Krise - beschäftigt die Industrie schon seit Jahrzehnten: einem Aufschwung folgte immer wieder auch ein Abschwung. Der Markt sei in Sorge, dass "die Party bei den Halbleitern" bald zu Ende sein könnte und dass die derzeit angekündigten und sich auch schon im Bau befindlichen Produktionsausweitungen schon bald zu Überkapazitäten führen würden, sagte Portfoliomanager Markus Golinski von Union Investment bei der Infineon-Hauptversammlung. Beim Investieren in die Zukunft kommt es eben auf die richtige Balance an. Deka-Expertin Cornelia Zimmermann sagte, derzeit sei die Produktion bei den Halbleiterherstellern höher als der Absatz: "Wir hoffen, dass diese Marktentwicklung nicht zu einem massiven Lageraufbau führt und die Halbleiter ungenutzt im Regal verstauben." Tatsächlich geht die Infineon-Aktie seit einigen Wochen nach unten.

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