Automesse in Shanghai:Diesen Auftritt hat Tesla nicht nötig

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Anders als die Konkurrenz baut Tesla seine Wagen unter eigener Regie in seiner Fabrik in Shanghai. (Foto: Ding Ting/dpa)

Alle wichtigen Autohersteller sind auf der Messe in Shanghai - außer Tesla. Warum die Amerikaner trotzdem die erfolgreichsten Ausländer im wichtigsten Automarkt der Welt sind.

Von Christina Kunkel und Florian Müller, Shanghai

Manchmal ist es das stärkere Statement, zu der angesagtesten Party des Jahres einfach nicht zu erscheinen, obwohl man durchaus der Stargast hätte sein können. So ähnlich mutet die Entscheidung des Elektroautobauers Tesla an, die wichtigste Bühne im größten Automarkt der Welt einfach mal nicht zu nutzen - die Automesse in Shanghai.

Dort, wo sich aktuell die deutschen Autohersteller mühen, zwischen all den hippen chinesischen Elektro-Startups nicht ganz so angestaubt rüberzukommen, fehlt ausgerechnet der einzige ausländische Autobauer, der es bislang in die Top-Listen der verkauften Batteriewagen geschafft hat. Und diese Rankings, da sind sich alle Experten einig, sind die einzig wichtigen - denn in China wird vermutlich schon 2025 mehr als die Hälfte aller neuen Wagen einen Elektroantrieb haben.

Um die Dimensionen zu verstehen, hier ein kurzer Auszug aus der Verkaufs-Statistik für 2022: Hinter dem chinesischen Riesen-Konzern BYD mit 28 Prozent Marktanteil rangiert Tesla mit 14 Prozent auf Platz zwei. VW kommt gerade einmal auf fünf Prozent, insgesamt stammen mehr als 80 Prozent aller verkauften E-Autos von chinesischen Herstellern.

Warum kommt Tesla in China so gut an? Das hat sowohl politische als auch wirtschaftliche Gründe. Anders als etwa VW, BMW und Mercedes hat Tesla keinen chinesischen Produktionspartner, sondern baut seine Wagen unter eigener Regie in seiner Fabrik in Shanghai. Es ist damit der erste Nutznießer einer Lockerung des Joint-Venture-Zwangs, mit dem China ausländische Konzerne jahrzehntelang gängelte. Warum die chinesische Führung das ausgerechnet einem amerikanischen Unternehmen zugestand? "Peking hat durch Tesla einen potenziellen Verbündeten in Washington gewonnen, der sich für wirtschaftliche Beziehungen mit China einsetzt", sagt Gregor Sebastian von der China-Denkfabrik MERICS in Berlin. Und Tesla-Gründer Elon Musk dankt es, indem er sich beispielsweise öffentlich für die Annexion der demokratisch regierten Insel Taiwan durch das kommunistische Festland ausspricht.

"Die chinesische Konkurrenz ist langfristig stärker geworden."

Doch neben der politischen Unterstützung soll Teslas Präsenz die chinesischen Hersteller auch dazu anregen, innovativer zu werden und den chinesischen E-Auto Markt zu beleben. Auch das ist nach Sebastians Einschätzung geglückt: "Die chinesische Konkurrenz ist - auch durch Tesla - langfristig stärker geworden."

Mehr als 700 000 Autos hat Tesla im vergangenen Jahr in Shanghai gebaut, das ist etwa die Hälfte seiner weltweiten Produktion. Und gerade erst hat Musk angekündigt, auch noch eine Batteriefabrik in Shanghai zu bauen. Schon im nächsten Jahr sollen dort sogenannte Megapacks produziert werden. Diese Batterien braucht man nicht für Autos, sondern für große Speicherkraftwerke. Aus den USA kam durchaus Kritik für diese Entscheidung. Er sei über das Projekt besorgt, sagte Mike Gallagher der Nachrichtenagentur Reuters. Der republikanische Abgeordnete ist Vorsitzender des Sonderausschusses des Repräsentantenhauses für die Kommunistische Partei Chinas. Doch an den Plänen von Elon Musk ändert das natürlich nichts.

Am Ende hängt der Erfolg von Tesla in China vor allem an den Autos selbst. Vieles, auf das der US-Hersteller schon von Anfang an setzte, trifft genau den Zeitgeist der Chinesinnen und Chinesen. Dort ist der typische Neuwagenkäufer Mitte 30 und liebt alle möglichen technischen Spielereien. In Deutschland wurde Tesla zunächst eher belächelt für Funktionen wie das Kaminfeuer auf dem Bildschirm. In China sind solche Angebote die wichtigsten Verkaufsargumente für Autos. Das Credo von Elon Musk, dass es nicht um die Hülle geht, sondern um das Innenleben - also die Software -, verfängt perfekt im technologiegetriebenen chinesischen Markt.

Tesla hat noch ein Ass im Ärmel

Auch die Annahme, dass Chinesen aufgrund der Spannungen zwischen ihrem Heimatland und den USA Produkte von dort eher meiden und ganz lokalpatriotisch nur E-Autos chinesischer Hersteller kaufen, ist übrigens falsch. So sind nicht nur die Autos von Tesla ein Verkaufsschlager, sondern auch andere US-Lifestyle-Produkte wie etwa Geräte von Apple. Und Musks Image als kompromissloser Visionär hat in China mindestens so viele Fans wie im Westen.

Ob Teslas Beliebtheit anhält, wenn deutsche - und chinesische - Hersteller bei Software und Infotainment aufholen, werden die nächsten zwei bis drei Jahre zeigen. Allerdings hat Tesla noch ein Ass im Ärmel: Seine Profitabilität. Gleich mehrmals senkte der Autobauer in den letzten Monaten die Preise für seine Wagen, die bis zu 24 Prozent weniger kosten als noch im vergangenen September. Bei einer Gewinnmarge von 17 Prozent kann sich Tesla solche Aktionen leisten. Für die anderen Hersteller, die bislang mit ihren E-Autos wenig bis gar kein Geld verdienen, ist dieser Preiskampf dagegen schwer auszuhalten.

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