Cannabis:Gechillt legalisieren

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Gut Joint will Weile haben. (Foto: Jochen Eckel/imago)

Die Regierung will Cannabis erlauben - das ist wirtschaftlich vernünftig. Aber es ist nicht eilig.

Kommentar von Bastian Brinkmann

Fast jeder Tweet des Finanzministers und FDP-Chefs Christian Lindner wird kommentiert mit den Worten: "Wann Bubatz legal". Für Leute, die auch googeln müssten, was dieses Bubatz sein soll: Die Nutzerinnen und Nutzer erkundigen sich mit dieser Frage, wann die Ampelregierung Cannabis legalisieren wird. Wobei das Fragezeichen häufig entfällt, was auf einen appellativen Charakter des Drunterkommentars schließen lässt.

Karl Lauterbach bekommt diesen Satz seltener geschickt, obwohl im Gesundheitsministerium, dem der SPD-Politiker vorsteht, der Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung federführend erarbeitet wird. Lauterbach hat die Frage auch schon öfter beantwortet, wann Bubatz legal werden soll: Zumindest den entsprechenden Gesetzentwurf will er rund um den Jahreswechsel vorlegen.

Diese Woche wurden erste Eckpunkte öffentlich, wie eine Cannabis-Legalisierung in Deutschland aussehen könnte: Menschen ab 18 Jahren dürften dann 20 Gramm kaufen oder bis zu zwei Pflanzen zu Hause anbauen. Viele Details sind aber noch offen - die müssen gut geklärt werden.

Drogenpolitik
:Bundesregierung bereitet Cannabis-Legalisierung vor

Kauf und Besitz von 20 Gramm könnten laut ersten Entwürfen aus dem Bundesgesundheitsministerium künftig straffrei sein.

Von Angelika Slavik

Die Ampelregierung hat schon im Koalitionsvertrag beschlossen, dass Cannabis legalisiert werden soll. Das ist eine richtige Entscheidung. Prohibition bedeutet nicht, dass die Menschen kein Cannabis konsumieren. Die Droge sucht sich ihren Markt, im Verbotsfall ist das eben ein illegaler Markt. Den kontrollieren dann gewalttätige Kriminelle, die damit Milliarden verdienen und diese in andere Verbrechen investieren. Es ist besser, Cannabis nicht der Unterwelt zu überlassen.

Eine schlecht gemachte Legalisierung kann allerdings als Konjunkturprogramm für die organisierte Kriminalität wirken. So ist es leider in den Niederlanden geschehen, die schon als "Narko-Staat" bezeichnet werden. Der Cannabis-Anbau ist nämlich im Nachbarland nicht erlaubt. Daher verdient die Drogen-Mafia viel Geld mit illegalen Hanfplantagen - und kocht im Nachbargebäude noch chemische Drogen. Damit diese Geschäfte weiterlaufen, bedrohen die Kriminellen die niederländische Kronprinzessin, auch der Premierminister soll ein Ziel sein.

Damit die Cannabis-Legalisierung in Deutschland nicht das Verbrechen aufblühen lässt, ist es richtig, auf legalen Cannabis-Anbau in Deutschland zu setzen. Jedes Glied der Wertschöpfungskette muss lizensiert und vom Staat kontrolliert werden. Die Hanf-Aufsicht braucht genug Beamte und Ressourcen, um alle Regeln strikt durchzusetzen. Das lässt sich gut durch die Lizenzen und eine Cannabis-Steuer finanzieren.

Um beim Anbau kein Schlupfloch zu lassen, will das Gesundheitsministerium offenbar keine Importe zulassen. Das ist innerhalb der Europäischen Union mit ihren offenen Grenzen natürlich stets heikel. Cannabis ist aber keine Ware wie Autos oder Käse. Die Gesundheit und die Sicherheit der Menschen gehen vor. Deutschland hier Protektionismus vorzuwerfen, ist übertrieben. Trotz Bubatz-Hype würde nur eine kleine Cannabis-Industrie hierzulande entstehen. Ökonomen schätzen, die Legalisierung könnte rund 28 000 Arbeitsplätze bringen.

Schwierig wird es, die Droge unter staatlicher Aufsicht angemessen attraktiv zu machen. Gibt es beim Dealer den Stoff billiger und schneller, geht niemand in die legalen Läden. Wird durch die Legalisierung aber andererseits das Angebot zu günstig oder zu gut, steigt der Konsum stärker als zu illegalen Zeiten, was gesundheitspolitisch schlecht wäre.

Die gesetzgeberische Kunst wird sein, diese Balance zu finden. Im Zweifel kann das Gesetz lieber ein paar Monate später kommen, wenn es dafür besser wird. Christian Lindner wird "Wann Bubatz legal" schon noch ein bisschen länger lesen können.

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