Bayer:Neuer Chef plant Stellenabbau und neue Struktur

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Bill Anderson arbeitet seit April 2023 für Bayer, seit Anfang Juni ist er Vorstandschef als Nachfolger von Werner Baumann. (Foto: Tom Kaeckenhoff/Reuters)

Der Pharmakonzern Bayer soll eine neue Struktur bekommen. Davor aber will Bill Anderson Hierarchien abbauen. Treffen dürfte dies vor allem die oberen und mittleren Führungsebenen.

Der neue Bayer-Chef Bill Anderson will den Pharma- und Agrarkonzern Insidern zufolge mit einem Effizienzprogramm vor dessen Neuaufstellung fitmachen. Bevor Bayer eine neue Struktur bekomme, werde Anderson zunächst ein Programm für Bürokratieabbau und mehr Effizienz auflegen, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von mehreren mit der Sache vertrauten Personen. Treffen dürfte dies vor allem die oberen und mittleren Führungsebenen, um flachere Hierarchien zu erreichen.

Anderson wolle in der nächsten internen Strategiesitzung weitere Einzelheiten darlegen, sagte einer der Insider. Bayer wollte sich dazu nicht äußern. Mit den Maßnahmen könne Anderson den Anlegern erste Verbesserungen bei dem unter dem Druck aktivistischer Investoren stehendem Unternehmen aufzeigen und sich Zeit verschaffen, um in den nächsten Monaten umfassendere Umstrukturierungspläne auszuarbeiten, hieß es von den mit der Angelegenheit vertrauten Personen.

"Bei Bayer gibt es sehr viel aufzuräumen", sagte ein weiterer Insider. Die Veränderungen seien überfällig. Frühere Maßnahmen zur Kostensenkungen hätten nicht den gewünschten Effekt erzielt. Beraten wird Anderson von der Unternehmensberatung McKinsey, wie mehrere Insider sagten. In den nächsten 90 Tagen werde viel bei Bayer passieren, erklärte einer von diesen.

Die Verschlankung der Planungs- und Entscheidungsprozesse werde viele Positionen überflüssig machen. Viele schauten sich nach neuen Stellen um. Strategiechef Oliver Kohlhaas nahm bereits seinen Hut, seine Position wird nicht nachbesetzt. Der Stellenabbau im Management dürfte hohe Abfindungen nach sich ziehen. Die Kosten dafür stehen noch nicht fest, ebenso wie der Umfang und der genaue Zeitpunkt. Kohlhaas und McKinsey wollten sich nicht äußern.

Anleger erwarten von Anderson vor allem, dass er das Vertrauen der Investoren zurückgewinnt

Der ehemalige Roche-Pharmachef Anderson hatte im Juni das Ruder bei Bayer von seinem Vorgänger Werner Baumann übernommen, der mit der milliardenschweren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto viel Vertrauen verspielt hatte. Anleger erwarten von Anderson vor allem, dass er das Vertrauen der Investoren zurückgewinnt und die Konzernstruktur mit aktuell drei Bereichen - dem Agrargeschäft, Pharma sowie den rezeptfreien Gesundheitsprodukten - überprüft.

Seit Jahren machen immer wieder Spekulationen über eine Aufspaltung von Bayer die Runde, zuletzt befeuert durch den Einstieg aktivistischer Investoren. Anderson sagte im August bei der Vorlage seiner ersten Quartalsbilanz, dass zu viel Bürokratie, neben Schulden und Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Unkrautvernichter Roundup und der Chemikalie PCB, dazu führe, dass das Unternehmen Chancen verpasse.

"Die Belastung durch Rechtsstreitigkeiten, die Unternehmensbürokratie und die Verschuldung - all das beeinträchtigt unsere Fähigkeit, uns auf die Mission zu konzentrieren", kritisierte der 57-jährige Amerikaner die Altlasten seines Vorgängers. Er fügte damals hinzu, dass er von jährlichen zu 90-tägigen Budgetierungszyklen übergehen und Teams bei Entscheidungen mehr Freiraum geben wolle. "Ich bin überzeugt, dass wir deutlich bessere Ergebnisse erzielen können, wenn wir unsere Arbeitsweise ändern", betonte er.

Von Anlegern bekam Anderson schon vor seinem Amtsantritt Vorschusslorbeeren, Investoren und Analysten lobten seine Wahl und trauen ihm einen Kurswechsel zu. Im August erklärte Anderson, er halte sich bei der laufenden strategischen Überprüfung des Konzerns alle Türen offen, nichts sei vom Tisch. Die Investoren wolle er in den kommenden Monaten über seine Überlegungen auf dem Laufenden halten.

Der Druck ist hoch: Investoren erwarten noch in diesem Jahr mehr Klarheit und wollen damit nicht bis 2024 warten. Unter diesen herrscht allerdings keine Einigkeit, welches künftig die beste Konzernstruktur für Bayer wäre. Während etwa die Fondsgesellschaft Union Investment eine Abspaltung des Geschäfts mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten als Option sieht, um die Stimmung unter den Eigentümern zu drehen, bringen andere ein Teillisting der Agrarsparte an der US-Börse als möglichen großen Katalysator ins Spiel. Anleger würden es zudem begrüßen, wenn Bayer endlich einen Schlussstrich unter die teuren Rechtstreitigkeiten in den USA wegen Glyphosat und PCB ziehen könnte. Zuletzt hatte der an Bayer beteiligte Hedgefonds Artisan Partners eine Aufspaltung des Leverkusener Konzerns gefordert.

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