Kiel:Kieler Landtag billigt Ja zum Verkauf der HSH Nordbank

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Kiel (dpa/lno) - Der Landtag in Kiel hat den Verkauf der HSH Nordbank an amerikanische Finanzinvestoren gebilligt und damit die teuerste Entscheidung in der Geschichte des Landes getroffen. Das Parlament befürwortete am Donnerstag einstimmig das Geschäft, das die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg mit insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro belasten wird. Damit nahm die erste Privatisierung einer deutschen Landesbank eine weitere Hürde genommen.

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Kiel (dpa/lno) - Der Landtag in Kiel hat den Verkauf der HSH Nordbank an amerikanische Finanzinvestoren gebilligt und damit die teuerste Entscheidung in der Geschichte des Landes getroffen. Das Parlament befürwortete am Donnerstag einstimmig das Geschäft, das die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg mit insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro belasten wird. Damit nahm die erste Privatisierung einer deutschen Landesbank eine weitere Hürde genommen.

Die Aktion wird beide Länder als bisherige Haupteigentümer wegen der Belastungen der Bank aus Altgeschäften insgesamt mindestens 10,8 Milliarden Euro kosten. Grund sind die vor Jahren zur Rettung der Bank von Hamburg und Schleswig-Holstein abgegebenen Garantien. Einig waren sich alle Sprecher im Landtag darin, dass sich ein Land nie wieder eine international agierende Geschäftsbank halten sollte.

Die EU hatte einen Verkauf verlangt, nachdem beide Länder ihre Bank zweimal vor der Pleite retten mussten. Hintergrund sind unter anderem faule Schiffskredite und verlustreiche andere Geschäfte. Eine Zustimmung der Hamburger Bürgerschaft zum Verkauf wird noch vor der Sommerpause erwartet. Bankenaufsicht und EU-Kommission müssen den Verkauf auch noch absegnen. Trotz des finanziellen Fiaskos: Vor einem Jahr hätte kaum jemand erwartet, dass ein Verkauf tatsächlich gelingt. Er soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

„Der Verkauf ist für Schleswig-Holstein die wirtschaftlichste Möglichkeit“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther. Allerdings falle die Abschlussrechnung für das Land sehr teuer aus, nach dem wahrscheinlichsten Szenario beim Verkauf werde es mit 5,4 Milliarden Euro belastet. Im Falle einer sofortigen Abwicklung als einziger Alternative könnten es bis zu 7,5 Milliarden Euro sein, sagte Günther. Es schmerze ihn und die Regierung, dass das Engagement des Landes sehr teuer für die Steuerzahler geworden ist.

Hoffnung signalisierte Günther für den Standort Kiel. „Die ersten Signale der Bank sind nach einem Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden Stefan Ermisch durchaus positiv.“ Es scheine möglich, 200 bis 600 Arbeitsplätze in Kiel zu erhalten. Derzeit sind es fast 800. Eine verbindliche Zusage sei seine Information nicht, sagte Günther; aber es gebe große Hoffnungen auf einen Erhalt von Arbeitsplätzen in der genannten Größenordnung. Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bank beschloss der Landtag einstimmig für das laufende Jahr einen Nachtragshaushalt in Höhe von 2,95 Milliarden Euro. Dieser wird mit neuen Schulden finanziert.

Beide Landesregierungen hatten Ende Februar den Verkaufsvertrag unterzeichnet. Demnach zahlen die Investoren um die New Yorker Investmentgesellschaft Cerberus und den Investor J. Christopher Flowers rund eine Milliarde Euro.

Von einem desaströsen und deprimierenden Endergebnis sprach CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Es werde beim bisherigen Tempo bei der Tilgung von Altschulden 30 Jahre dauern, bis der Schaden beseitigt sei. Es gebe für das Ganze nicht einen einzigen Schuldigen; es sei Kollektivversagen gewesen.

Die SPD sei von den HSH-Käufern alles andere als begeistert, sagte der Finanzpolitiker Thomas Rother. „Deren Geschäftsgebaren und deren Geschäftsfelder haben mit einer Unternehmensethik, wie wir sie uns wünschen, nichts zu tun. Dennoch sind sie geeigneter als die anderen Interessenten.“

Der Grüne Lasse Petersdotter warf dem früheren Management der Bank Fehleinschätzungen, Arroganz und Gier vor. Die Bank sei nicht Opfer der Finanzkrise, sondern ein Teil von ihr. „Die Doktrin der Profitmaximierung ist ein schlechter politischer Ratgeber.“

Mit den Belastungen verliere das Land finanzielle Spielräume für Bildung, Infrastruktur und mehr Polizisten, sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Von verheerenden Folgen sprach der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Nobis. „Die Haushaltslage ist auf Dauer desolat.“

Lars Harms vom SSW sagte im Blick auf die Milliardenbelastungen, das Land sei dabei noch lange nicht am Ende angekommen. Schuld seien die früheren Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder. Vor allem von den Fachleuten hätte man erwarten müssen, das Schiff HSH Nordbank sicher zu lenken.

Die Gewerkschaft Verdi reagierte mit harter Kritik auf den Beschluss des Parlaments. „Die große Einigkeit der Landesregierung mit allen Parteien im Landtag von Schleswig-Holstein ist eine einzige Enttäuschung für die Beschäftigten am Standort Kie“, sagte der Fachbereichsleiter für Finanzdienstleistungen, Frank Schischefsky. Der Landtag schicke die Beschäftigten ohne Absicherung in die Zukunft. Die Politik lasse die Beschäftigten im Stich.

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