Erfurt:„Alles entspannt“ zum 9-Euro-Ticket-Start - Sprit billiger

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Ein Fahrkartenautomat steht auf dem Domplatz vor Mariendom und Severikirche. (Foto: Martin Schutt/dpa/Archivbild)

Zum Start des 9-Euro-Tickets hat es in Thüringen zunächst keinen Ansturm auf Busse und Bahnen gegeben. An Thüringens größtem Verkehrsknotenpunkt, dem Erfurter...

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Jena/Erfurt (dpa/th) - Zum Start des 9-Euro-Tickets hat es in Thüringen zunächst keinen Ansturm auf Busse und Bahnen gegeben. An Thüringens größtem Verkehrsknotenpunkt, dem Erfurter Hauptbahnhof, lief der Betrieb am Mittwochmorgen normal. Züge und Straßenbahnen waren nicht voller als sonst. Autofahrer im Freistaat konnten sich am Mittwochvormittag zudem über teils deutlich billigere Spritpreise freuen.

Im Erfurter Nahverkehr sei am Mittwoch „alles entspannt“, teilte ein Sprecher der Stadtwerke Erfurt mit. Ihm sei nicht bekannt, dass es irgendwo zu Überfüllung kam, Menschen nicht mitgenommen wurden oder andere Probleme auftraten. Die Erfurter Verkehrsbetriebe AG (EVAG) sei vorbereitet gewesen und habe größere Züge eingesetzt. Bislang habe die EVAG rund 27.300 der Billigtickets verkauft.

Auch eine Sprecherin der Stadtwerke in Jena sagte: „Der Start war sehr moderat. Heute Morgen gab es keinen signifikanten Unterschied zu anderen Tagen.“ In Jena ging das 9-Euro-Ticket bis zum Dienstag 16.500 mal über die Theke. Gekauft und genutzt werden kann es aber auch über etliche weitere Anbieter, wie etwa die Deutsche Bahn.

„Alles was ich heute gesehen und gehört habe, sieht beherrschbar aus“, sagte der Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Mittelthüringen (VMT), Christoph Heuing. Er selbst sei den ganzen Tag mit Zügen im Freistaat unterwegs gewesen. „Die Züge und Bahnen sind relativ voll, aber nicht überfüllt.“ Es seien aber spürbar mehr Menschen unterwegs. Spannend werde es aber, wenn etwa an Pfingsten schönes Wetter sei und sich mehr Menschen etwa in den Thüringer Wald aufmachten. Das sei aber noch reine Spekulation.

Auch in den ohnehin schon viel frequentierten Zügen auf der Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Erfurt und Gera hielt sich die Auslastung in Grenzen. Am Jenaer Westbahnhof waren die Züge in Richtung Gera und in Richtung Erfurt zwar jeweils gut gefüllt - jedoch nicht stärker als an anderen Wochentagen auch.

Aus Sicht das Fahrgastverbands Pro Bahn wird das 9-Euro-Ticket die Menschen in Thüringen nicht langfristig zu Nutzern von Bus und Bahn machen. „Ich glaube nicht, dass die Leute jetzt massenhaft auf die Verkehrsmittel umsteigen“, sagte der Vorsitzende Olaf Behr. Der Ansatz für das Billigticket sei gut - die Umsetzung aber schlecht vorbereitet. Und dauerhaft würden ohnehin nur besser ausgebaute Angebote zu niedrigeren Preisen mehr Leute in öffentliche Verkehrsmittel locken.

In Thüringen hatte es zuletzt etwa Diskussionen darüber gegeben, in welchen Nahverkehrsmitteln das Ticket tatsächlich nutzbar ist. Zwischen Erfurt und Gera fährt mehrmals täglich ein IC der Deutschen Bahn, der bislang mit Nahverkehrstickets genutzt werden konnte. Der Zug wird den Reisenden online auch als Regionalexpress angezeigt - das 9-Euro-Ticket gelte für diesen Zug allerdings nicht, sagte ein Sprecher des Thüringer Verkehrsministeriums. Das Land sei aber mit der Deutschen Bahn im Gespräch und versuche, die Regelung zu ändern.

„Genau solche kundenunfreundlichen Regelungen sind das, was man nicht haben will“, sagte Behr dazu. Dazu komme, dass damit auf der ohnehin viel frequentierten Strecke zwischen Gera und Erfurt das Angebot weiter verknappt werde: Wer ein 9-Euro-Ticket habe, werde auf andere Züge ausweichen - und diese würden damit noch voller. „Das ist völlig kontraproduktiv.“

Nutzen kann den IC hingegen, wer ein Abo beim Verkehrsverbund Mittelthüringen (VMT) hat, sagte Geschäftsführer Heuing. Dieses werde in ein 9-Euro-Ticket umgewandelt. Auch, wer jetzt ein neues Abo abschließe, könne auf der Strecke IC fahren. In den ersten drei Monaten koste dieses ebenfalls nur neun Euro.

An den Thüringer Tankstellen zeigten sich am Mittwochmorgen zudem die Auswirkungen der gesenkten Energiesteuer: Laut ADAC sank der Preis für Benzin binnen eines Tages im Schnitt um 30 Cent, der für Diesel zwischen 13 und 14 Cent. „Es war nicht davon auszugehen, dass das schon in der Breite zum Tragen kommt“, sagte ein Sprecher des ADAC in Thüringen. Die Preise seien aber immer noch zu hoch.

An etlichen Thüringer Tankstellen kostete der Liter Super E10 am Mittwochvormittag deutlich unter 2 Euro. In Erfurt lag der Preis teils bei 1,85 Euro. Auch der Liter Diesel kostete in der Landeshauptstadt fast überall unter 2 Euro. Ein ähnliches Bild bot sich laut ADAC-Daten etwa in Jena oder Eisenach. In Eisenach war der Liter E10 demnach an mehreren Tankstellen für 1,76 Euro zu haben.

Zuvor war spekuliert worden, dass die Tankstellen die gesenkte Energiesteuer erst zeitversetzt an Verbraucher weitergeben könnten. Grund dafür ist, dass die gesenkte Steuer nicht beim Verkauf an der Zapfsäule, sondern ab Tanklager beziehungsweise Raffinerie anfällt. Das bedeutet, dass alle vor Mitternacht gelieferten Vorräte der Tankstellen noch mit dem normalen höheren Steuersatz belastet sind.

Der ADAC-Sprecher wies darauf hin, dass die Spritpreise im Tagesverlauf stark schwanken und wieder nach oben gehen könnten. Teils gebe es über den Tag verteilt Preisunterschiede zwischen sieben und elf Cent pro Liter. Wer billig tanken wolle, solle am ehesten in der Zeit zwischen 19.00 Uhr und 20.30 Uhr zur Tankstelle fahren.

© dpa-infocom, dpa:220531-99-498253/6

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