Automobilzulieferer:Schaeffler sucht einen Partner

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"Kugellager-Lady" in Not: Der Einstieg im großen Stil bei Continental wird für das Unternehmen Schaeffler zu einem immer größeren Problem.

Uwe Ritzer

Die Frage sorgt für Gelächter. "Wann kaufen Sie Ihren ersten Kunden, zum Beispiel Daimler", will einer wissen. Maria-Elisabeth Schaeffler, die 67-jährige Unternehmerin mit der charakteristischen blonden Mähne, pariert die kleine Stichelei mit einem Lächeln. Momentan sei sie mit anderen Dingen schon genug beschäftigt, antwortet sie in der weichen Mundart, die ihre Wiener Herkunft verrät. Womit sie derzeit gut zu tun hat, das hatte sie Minuten zuvor den 500 Branchenvertretern beim Automobilwoche-Kongress in einem Berliner Hotel erklärt.

Maria-Elisabeth Schaeffler sucht nach kapitalkräftigen Partnern - die sollen die überschüssigen Conti-Aktien übernehmen. (Foto: Foto: dpa)

"Die durch die Finanzkrise aufgetretenen Probleme stellen uns vor zusätzliche Herausforderungen", hatte Schaeffler gesagt. Und deshalb sei es "nicht ausgeschlossen, dass ein langfristig orientierter Investor eine größere Beteiligung an Continental übernimmt." Nun ist es raus. Nicht überraschend, aber zum ersten Mal ausgesprochen von ihr selbst. Das Familienunternehmen Schaeffler aus dem fränkischen Herzogenaurach hält zwar am Plan fest, den etwa dreimal größeren Dax-Konzern Continental zu übernehmen.

Conti-Aktie verliert massiv

Schaeffler braucht dazu aber entgegen seinen ursprünglichen Plänen einen finanzstarken Partner. Denn zunächst dürfen die Franken gemäß ihrer Vereinbarung mit Conti nur knapp die Hälfte der Anteile an dem Autozulieferer aus Hannover übernehmen. Weil aber die Inhaber von 82 Prozent der Conti-Aktien Schaefflers Übernahmeangebot von 75 Euro pro Aktie angenommen haben, hat Schaeffler nun ein Problem. Zwar ist der Aktienkauf durch ein Kreditpaket über 16 Milliarden Euro gesichert; der Börsencrash ließ aber den Kurs der Conti-Aktie zuletzt auf weniger als 40 Euro sacken. Milliarden-Abschreibungen drohen, die gewaltig am Eigenkapital der Schaeffler-Gruppe nagen dürften. Also sucht sie nach kapitalkräftigen Partnern, die die überschüssigen Aktien übernehmen. Die müssten nur ebenso langfristig denken und handeln wie sie, sagt Maria-Elisabeth Schaeffler.

Eine klare, öffentliche Aussage von ihr war längst überfällig. Schweigend hatte Schaeffler zur Kenntnis genommen, dass man sie in den vergangenen Wochen in den Medien wahlweise "geheimnisvolle Matriarchin", "Kugellager-Lady" oder "listige Witwe" genannt hat. Man sei eben "ein ziemlich zurückgezogen agierendes Familienunternehmen", entschuldigt sie in Berlin. Doch allmählich setzt sich in Herzogenaurach die Erkenntnis durch, dass einem Konzern mit jetzt schon 66.000 Mitarbeitern und fast neun Milliarden Euro Umsatz mehr Offenheit und Transparenz gut täte, vor allem, wenn er sich anschickt, einen börsennotierten Konzern zu schlucken.

Keine Zeit für Urlaub

Es ist nicht so, dass Maria-Elisabeth Schaeffler die Öffentlichkeit zuletzt gemieden hätte. Mit 200 Gästen inklusive Bundeskanzlerin feierte sie unlängst im Berliner Meilenwerk den 70. Geburtstag von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Vor ein paar Tagen zeichnete sie in Herzogenaurach die besten Zulieferer ihres Unternehmens aus. Auch bei der Vollversammlung der mittelfränkischen Industrie- und Handelskammer (IHK) war sie dabei. "Sie war unaufgeregt und souverän wie immer", beschreibt einer, der sie dabei erlebt hat. Und beim Adidas-Prominenten-Golfturnier in Herzogenaurach gewann die Multimilliardärin sogar einen Hauptpreis bei der Tombola: Eine einwöchige Luxusreise nach Mallorca. Sie nehme den Preis gerne an, sagte sie, schließlich habe sie noch nie etwas gewonnen. Nur leider fehle ihr "im Moment die Zeit für Urlaub."

Stattdessen steht sie an diesem Dienstag vor knapp 500 Vertretern der Automobilindustrie in Berlin und absolviert einen schwierigen Balanceakt. Sie räumt "Probleme" ein und sagt sogar, die Automobilkrise könnte dazu führen, dass "möglicherweise auch wir nicht um Personalmaßnahmen herumkommen werden". Andererseits verbreitet Schaeffler Zuversicht und spricht vom innovativen Technologieverbund, der zwischen dem Elektro- und Elektronikspezialisten aus Hannover und den Präzisionsmechanikern von Schaeffler möglich sein werde. Zumal Familienunternehmen heutzutage börsennotierten Konzernen völlig gleichwertig seien.

Fast bis zur letzten Minute hatte sie in einem separaten Raum mit Sohn und Mitgesellschafter Georg an dem Redemanuskript gefeilt. Der Auftritt war fast ein Jahr im Voraus geplant, lange bevor Schaeffler die Conti-Übernahme einzufädeln begann. So erhält ein scheinbar harmloser Vortrag zum Allerweltsthema "Erfolgreich durch Innovation und Internationalisierung - wie sich ein deutsches Familienunternehmen im globalen Wettbewerb behauptet" aktuelle Brisanz. Und Maria-Elisabeth Schaeffler wurde zum Star des Kongresses, bei dem immerhin auch BDI-Präsident Jürgen Thumann spricht, sowie die Vorstandschefs von VW und Daimler, Martin Winterkorn und Dieter Zetsche.

© SZ vom 05.11.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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