Inmitten der Konjunkturflaute steigt die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im August stärker als in diesem Monat üblich. "Die Sommerpause und die schwache Konjunktur hinterlassen ihre Spuren auf dem Arbeitsmarkt", sagte die Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles. Die BA verzeichnete im August 2,696 Millionen Arbeitslose. Das seien 79 000 mehr als im Juli und 148 000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Punkte auf 5,8 Prozent. Dennoch befinde sich der Arbeitsmarkt weiterhin in einer "soliden Grundverfassung", erläuterte Nahles.
Eine höhere Erwerbslosigkeit ist im Monat August üblich, bevor mit dem Ende der Sommerferien und dem Beginn des neuen Ausbildungsjahres normalerweise etwas mehr Schwung in den Arbeitsmarkt kommt. "Der Anstieg fällt dieses Jahr aber relativ groß aus", so Nahles. Unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Schwankungen stieg die Erwerbslosenzahl im August um 18 000. Experten hatten mit weniger gerechnet. Eine kurzfristige Erholung am Jobmarkt ist laut Nahles nicht in Sicht. Es sei hingegen zu erwarten, dass sich die derzeit zu beobachtende Entwicklung bis zum Jahresende fortsetze.
Nach Ansicht von Experten müssen die Menschen besser qualifiziert werden
Hintergrund der Eintrübung am Arbeitsmarkt ist die schwache Konjunktur: Die deutsche Wirtschaft ist zuletzt drei Quartale in Folge nicht gewachsen. Steigende Zinsen, die hohe Inflation und die maue Weltkonjunktur mit der ins Schlingern geratenen Wirtschaftsmacht China machen ihr zu schaffen. Hinzu kommen die Folgewirkungen des Ukraine-Krieges, vor dem rund eine Million Menschen aus dem Land nach Deutschland geflohen sind. Nach wie vor seien die Arbeitgeber vorsichtig, was die Suche nach neuem Personal angehe, sagte Nahles. Diese Sicht bestätigt auch das arbeitgebernahe Institut IW. Zwar seien keine größeren Entlassungen zu befürchten, aber Arbeitslose hätten zunehmend Schwierigkeiten, eine neue Beschäftigung zu finden. Im August waren 771 000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 116 000 weniger als vor einem Jahr.
Nach Einschätzung von KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib besteht am Arbeitsmarkt Handlungsbedarf. Zur weiteren Senkung der Arbeitslosigkeit sei vor allem eines erforderlich: Qualifizierung. Bundesweit stünden 1,7 Millionen offenen Stellen rund vier Millionen Menschen gegenüber, die Grundsicherung für Arbeitsuchende erhielten: "Rein zahlenmäßig haben wir damit in Deutschland sogar noch einen Arbeitskräfteüberschuss. Den Arbeitsuchenden fehlt jedoch oft die nötige Qualifikation."