Steve Jobs wollte "das beste Bürogebäude der Welt". Erlebt hat der Apple-Chef die neue Firmenzentrale im kalifornischen Cupertino nicht mehr. Er starb 2011, also lange vor der Vollendung des von Norman Foster entworfenen, umgerechnet 4,1 Milliarden Euro teuren und vor allem aus Glas, Glas und noch mehr Glas bestehenden Komplexes, der größer ist als das Pentagon und im April endgültig fertig sein soll. Immerhin blieb Jobs die Häme erspart, die sich nun über das kreisförmige, an ein Ufo erinnernde Hauptquartier ergießt. Denn offenbar wird das beste Bürogebäude der Welt gerade zum Gesundheitsrisiko - und zur Lachnummer.
Schon als das neue Haus erstmals Ende 2017 besichtigt werden konnte, sollen nach Angaben der Agentur Bloomberg noch am gleichen Tag sieben Besucher gegen Glaswände gelaufen sein. Dann kamen im Januar die ersten von 12 000 Apple-Mitarbeitern - und innerhalb kurzer Zeit ereigneten sich drei weitere Unfälle. Schnittwunden und Gehirnerschütterungen waren die Folgen. Schuld daran soll das extrem reflexionsarme, also fast unsichtbare Glas sein, das Designchef Jony Ive bestellt hatte. Verwendet wurde es überall, etwa für Büros, Flure, Brüstungen und Restaurants. Steve Jobs liebte Glas. Es sei der Kommunikation und Kreativität förderlich. Auch die Spötter im Internet ließen sich inspirieren. Den Satz von Nutzer "MB77" ("Wer im Glashaus sitzt ...") ergänzt beispielsweise "Tony" so: "... soll nicht mit Köpfen werfen".
Wohnungsnot im Silicon Valley:Facebook-Städtchen: Dorf-Idylle mit Laptop
Eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Nähe des Facebook-Hauptsitzes kostet 3900 Dollar im Monat. Das ist selbst den Mitarbeitern des Social-Media-Konzerns zu viel. Also lässt Zuckerberg ein Dorf bauen.
Bis jetzt wurde das Glas-Fiasko von Apple allerdings offiziell nicht bestätigt. Doch nun hat der San Francisco Chronicle Notruf-Mitschnitte veröffentlicht, abgesetzt von der Sicherheitsabteilung von Apple, die das Problem belegen. Zudem wurde bekannt: Mitarbeiter sollen die Glaswände mit bunten Haftzetteln markiert haben, um vor der Gefahr zu warnen. Die Firmenleitung ließ diese aber wieder entfernen, "weil sie von der Architektur ablenken".
Glas, einer der wichtigsten Baustoffe der in die Leichtigkeit verliebten Moderne, kommt in letzter Zeit immer mal wieder ins Gerede. Vor wenigen Jahren bündelte die konkav geschwungene Glasfassade eines neuen Hochhauses in London das Sonnenlicht wie ein gigantisches Brennglas. Der Effekt war so stark, dass sich Außenspiegel und Armaturenbrett eines davor geparkten Jaguars in der Hitze verformten wie Gummibärchen in der Mikrowelle.
Doch was man hier dem "Pfusch am Bau" zurechnen kann - wobei der Architekt ganz ironiefrei den Klimawandel verantwortlich machte -, ist in Cupertino eher eine übersteigerte Sehnsucht nach Immaterialität. Gerade die Architekten von modernen Bürolandschaften erfreuen sich an immer mehr Glas, ebenso die Chefs, die sich Durchblick wünschen. Die Mitarbeiter dagegen sind geübt darin, sämtliche Glasflächen mit allerlei Postern oder Postkarten zu bekleben. Oder große Pflanzkübel in Stellung zu bringen. Manchen ist Privatheit nämlich wichtiger als Transparenz. Bei Apple würden übrigens auch Backsteinwände nicht unbedingt vor Unfällen schützen. Einige der Mitarbeiter, die mit Glaswänden kollidiert waren, hatten angeblich auf ihr Smartphone gestarrt, anstatt auf den Weg zu achten.