Zinsen:AKK soll sich aus der Geldpolitik heraushalten

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AKK will Kanzlerin werden. Das macht es umso unangebrachter, dass sie sich in die Geldpolitik der EZB einmischt. (Foto: REUTERS)

Die CDU-Chefin räsonierte darüber, "ob man nicht auch die Niedrigzinsphase ein Stück weit einbremsen muss". Sie hat aber nicht das Recht, der EZB Ratschläge zu erteilen.

Kommentar von Marc Beise

Annegret Kramp-Karrenbauer, die CDU-Vorsitzende, wird ihrer Ziehmutter Angela Merkel immer ähnlicher. Verschreckt durch bereits manchen Sturm, den sie durch flotte Äußerungen ausgelöst hat, gefällt sie sich neuerdings im Ungefähren. Auch in der Geldpolitik wollte AKK vermutlich vage bleiben, als sie sich für die Europäische Zentralbank (EZB) "eine angepasste, angemessene Geldpolitik" wünschte. Auf die Frage des FAZ-Interviewers, ob sie etwa der EZB Ratschläge erteilen wolle, ruderte sie sofort zurück: "Nein, ganz und gar nicht." Aber da war es schon zu spät.

Gerade eine verantwortliche deutsche Politikerin sollte sich strikt aus der europäischen Geldpolitik heraushalten - schließlich waren es ja ausgerechnet die Deutschen, die eine unabhängige europäische Notenbank zur Bedingung für die Aufgabe der legendären D-Mark gemacht haben. Zumal Kramp-Karrenbauer im Weiteren konkret darüber räsoniert, "ob man nicht auch die Niedrigzinsphase ein Stück weit einbremsen muss".

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So kann man mit guten Gründen argumentieren, denn als Ergebnis dieser Niedrigzinsen, die vor allem den hoch verschuldeten Euro-Südländern helfen, werden Bürger mit klassischen Spareinlagen belastet, von denen es in Deutschland besonders viele gibt: Wenn die Zinsen niedriger sind als die Geldentwertung, verliert der Sparer Vermögen (wiewohl andere profitieren: die mit den Schulden). Die EZB hat sich weit in die Niedrigzinsfalle hineinmanövriert und hat nun in Zeiten einer sich abschwächenden Konjunktur echte Probleme, da wieder rauszukommen und die Zinsen wieder zu dem zu machen, was sie eigentlich sein sollten: ein Steuerungsinstrument der Geldpolitik.

Jeder darf das sagen, aber nicht Kramp-Karrenbauer. Sie ist zwar eine Politikern ohne Exekutivmacht, möchte aber, wie jeder weiß, nächste Kanzlerin in Deutschland werden. Ratschläge von ihr, und seien sie noch so unbestimmt, berühren die Unabhängigkeit der EZB. In der Welt der Notenbanken wird jedes Wörtchen auf die Waage gelegt und ist geeignet, Wirkung zu entfalten. "Wir müssen dafür sorgen, dass wir in der Geldpolitik weiter Spielraum haben, aber gleichzeitig die Geldpolitik nachhaltig und sehr sensibel anpassen" - genau das zu tun, ist eben nicht der Job der Politiker.

Und weil sie sich schon auf dieses Terrain begeben hat, gefällt sich die CDU-Vorsitzende auch darin, Christine Lagarde als neue Präsidentin der EZB zu loben. Die sei eine gute Wahl, eine Kandidatin, die sich dem EZB-Mandat und auch der Unabhängigkeit der Notenbank verpflichtet fühle und in Deutschland über eine hohe Reputation verfüge. Kann heißen: Anders als der Italiener Mario Draghi wird die Französin Lagarde ja wohl die deutschen Interessen sensibel berücksichtigen. Wenn sich da AKK mal nicht täuscht.

Denn Lagarde ist bisher als eine lockere Finanzpolitikerin bekannt. Eine, die eher pragmatisch agiert denn prinzipientreu. Eine, die schon als Präsidentin des Internationalen Währungsfonds die Regularien gedehnt hat, um in der Euro-Krise Griechenland mit weiterem Rettungsgeld auszustatten. Überhaupt: Mit Lagarde kommt eine frühere Finanzministerin an die Spitze der EZB, in der doch eigentlich unabhängige Zentralbanker das Sagen haben sollten - ob das ihrer politischen Unabhängigkeit dient? Hierzu wäre ein kritisches Wort von Kramp-Karrenbauer angemessen gewesen.

© SZ vom 09.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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